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Social-Media-Koordinatorin der ARD shitstormt

Anna-Mareike Krause ist nicht irgendeine Twitternutzerin, die schnell mal eine dumme Bemerkung macht. Sie arbeitet bei ARD aktuell und tagesschau.de, und so steht das auch oben auf ihrem Twitteraccount. Dazu „Meine Meinungen sind meine“. Ob das nun ein Account der ARD ist, der Privataccount von Frau Krause oder eine Mischform, ist nicht zu erkennen. Jedenfalls steht diese Aussage neben ARD Aktuell und Tagesschau.de.

Nun könnte man eventuell sagen, dass da jemand vielleicht in Unkenntnis des Funktionierens des Internets etwas überreagiert hat. Kann ja mal passieren, dass man nur eine Information über den Ring Nationaler Frauen hat und dann daneben greift. Aber so einfach ist das speziell bei dieser Mitarbeiterin von ARD Aktuell und tagesschau.de nicht. Anna-Mareike Krause wird ausgewiesen als Social-Media-Koordinatorin von tagesschau.de bzw. Koordinatorin Social-Media- und Communitybereich ARD-aktuell.“

(zit. Don Alfonso)

Was ist passiert?

Die ARD-Journalistin, Fachfrau für Social Media bei der ARD-Tagesschau, diffamiert eine Kolumnistin der Welt in den Sozialen Medien. Die hatte sich sehr kritisch mit Feministinnen beschäftigt und Lob auch von einer NPD-Frauenorganisation bekommen. Das veranlasste die Social-Media-Koordinatorin der Tagesschau, der Autorin zu unterstellen, sie wäre rechtsradikal. Mit von der Partie sind der bei Rassismus- und Diskriminierungsverdacht gerne zu Schnellschüssen neigende Volker Beck von den Grünen und die taz, der Schweinejournalismus nicht fremd ist.

Die Masche, alle zu Faschisten zu erklären, die anderer Meinung sind, wird immer beliebter. Bisher war das die Rhetorik linker Extremisten. Jetzt hält das Einzug in unsere Medien. Kürzlich hatte eine Spiegel-Journalistin der AfD-Politikern Petry vorgeworfen, die sei gegen Gender-Mainstreaming. Muss jetzt jeder, der den Behauptungen der Genderisten nicht folgen mag, damit rechnen, als rechtsextrem beschimpft zu werden?

Für das Feuilleton ein willkommener Dauerbrenner: Volker Beck macht wieder einmal einen Rückzieher und die Durchblicker vom selbsternannten Berliner Leitmedium Tagesspiegel halten alles für eine kühl kalkulierte PR-Masche einer Jungschriftstellerin. In der FAZ meint eine weibliche Edelfeder, dass die alten weißen Männer der Welt-Redaktion ein junge Frau verheizten.

Online-Magazin des Fischer-Verlages

„114“, nach der Hausnummer in der Verlagsadresse in Frankfurt am Main, so heißt das Online-Magazin der Fischer-Verlage mit kleinen Beiträgen von Hausautor/-innen in einer erschlagenden Bandbreite, aber in einem ruhigen, angenehmen Layout. Dem einen oder anderen Link bin ich gern gefolgt. Z. B. das Interview mit dem Professor für Transformationsdesigen (Was immer das auch sein mag) Harald Welzer zum Heilsversprechen der Social Media.

Der rbb und facebook

Facebook (FB) ist umstritten. Es gibt immer wieder Aufregung über den nachlässigen Datenschutz und dessen weitere Lockerungen. Es gab Selbstmorde wegen Mobbings auf Facebookseiten und weil ein Mädchen sein Facebook-Foto plötzlich in der Anzeige eines Dating-Dienstes auf Facebook fand. Medienpädagogen verfassen Ratgeber-Flyer für Eltern und Schüler/-innen. Lehrkräfte sollen Unterrichtszeit verwenden, um für die Gefahren der Social Media zu sensibilisieren. Ein US-Schulbezirk überwacht die Facebookseiten von 14.000 Schüler/-innen, um so Selbstmordabsichten und Drogengebrauch auf die Spur zu kommen. Ein deutsches Kultusministerium verbietet Lehrern auf Facebook Kontakte zu Schüler/-innen zu unterhalten. (Es wurden z. B. Klassenfahrten auf FB verabredet.)

Statt zu verbieten oder anzuordnen hätten die Kultusminister/-innen dafür sorgen sollen, dass den Schulen Lernplattformen zur Verfügung gestellt werden. Aber wo wären deutsche Kultusministerien schon einmal innovativ gewesen?

Dann erlebe ich – vor dem Fernseher sitzend -, dass der rbb in der abendlichen Regional-Nachrichtensendung für seinen Facebook-Auftritt wirbt. Es fehlen noch ein paar Hundert Freund/-innen bis die Zahl 5.000 erreicht ist! Auf Leute, drückt den Button! Es wird auch aufgefordert, schöne Landschaftsfotos auf die rbb-Facebookseite zu stellen. Facebook-Kommentare tauchen inzwischen in jeder aktuellen Sendung auf.

Nun gibt das milliardenschwere Duopol ARD/ZDF schon Millionen für Dutzende eigener Portale aus, aber nicht dort soll man kommentieren, liken und posten, sondern auf Facebook. Man muss halt die Leute dort abholen, wo sie sind.

FB ist eine Aktiengesellschaft, die ihr Geld mit Werbung verdient. Sie ist mehr wert als die großen deutschen Aktiengesellschaften, obwohl sie keine Werte schafft, keine Fabrikanlagen besitzt, keine Autos, Werkzeugmaschinen oder Flugzeuge baut. Was sie so wertvoll macht, ist ihr Besitz an Informationen über eine Milliarde Nutzer/-innen. Da wird die NSA neidisch. Die Nutzung von FB ist kostenlos, aber der Satz „Du bezahlst mit deinen Daten“ sollte sich herumgesprochen haben.

Wenn in einer TV-Produktion „Fleurop“ erwähnt wird oder eine Flasche „Hohes C“ auf dem Tisch steht und der Kommissar einen Oberklasse-Mercedes als Dienstwagen fährt, gibt es Schleichwerbungs-Abmahnungen. Wenn der Quasi-Monopolist ARD Werbung für den Quasimonopolisten Facebook macht, scheint das o.k. zu sein.

Wenn ich es zu Ende denke: Wozu brauchen wir diese beiden Medienkonzerne ARD und ZDF (plus Deutschlandfunk, Deutschlandradio und Deutsche Welle) mit 31 TV-Kanälen und über 80 Rundfunksendern? – Der neue Jugendkanal ist noch nicht mitgezählt! Mit einem üppigen Internetauftritt, der den Zeitungsverlagen die Tränen in die Augen treibt, weil durch eine Zwangsabgabe finanziert. Mit Werbung Tag und Nacht, weil die neun Milliarden „Demokratieabgabe“ nicht reichen. (Und dennoch wird beim Korrespondentennetz, etwa in Lateinamerika, gespart.)

Mir reichten, um dem Bildungs- und Informationsauftrag nachzukommen, einige wenige Kultur- und Nachrichtensender.

Wie man hört, ist Facebook gar nicht mehr in bei den jungen Leuten, sondern Twitter und WhatsApp. Liebe ARD, nichts wie hinterher!

Wie sich das Leben verändern wird, wenn unsere Kinder keine Zeitung mehr lesen

So lautet die Überschrift einer Homestory des Spiegel-Journalisten Ralf Hoppe (Nr. 6/2013). Darin erzählt er von seinem Sohn, der keine Zeitung mehr anfasst, sondern sich mit Facebook übers Weltgeschehen informiert: „Nachrichten im Netz haben keinen Anfang, keinen Ursprung. Sie sind einfach da. Erklärungslos, dafür meinungslastig, emotional… Vor allem geht es darum, etwas sehr gut oder grauenvoll zu finden. Dann reagiert man, indem man einen Kommentar dazu stellt oder schnell weiterzappt. Meinungen regnen nieder, endlos.“

Dann erzählt Hoppe eine Geschichte aus Island. Dort gebe es kaum noch Zeitungen, dafür seien alle digital vernetzt und bloggten. Dann kam die Finanzkrise. Da es keine Journalisten mehr gab, die erklären und einordnen konnten, sondern nur noch Blogger, die etwas aufgeschnappt hatten oder Gerüchte streuten, sei es zu einer völlig idiotischen Aktion gekommen…

Manche Sätze gefielen mir, gaben meine Gedanken zu den Fragen „Wie kann man sich heute seriös informieren?“ „Wie verändert das Internet den Journalismus?“ gut wieder. Die Geschichte in Island war für mich nicht das Entscheidende.

Nun hat ein Netzaktivist die Island-Story nachrecherchiert und weder im Netz noch bei isländischen Gewährsleuten etwas davon gefunden. Schon triumphiert die Netzgemeinde: Der Schwarm entlarvt Lügen sofort. Weiterlesen

Pöbelnde Bloggerin beklagt sich sich über pöbelnde Blogger

Zum Abschluss der sonntäglichen Bloggerei noch etwas Heiter-Besinnliches:

Eine – laut Zeitung – unter dem Pseudonym Mike von Wegen mehrere Blogs betreibende und auch ein Buch veröffentlicht habende Mitbürgerin unterstellt dem Autor des Buches „Neukölln ist überall“, Heinz Buschkowsky, Rassismus“. Sie bewegt sich damit im leider üblichen Social Media Sprachgebrauch. Man benutzt rhetorische Tricks wie den, die Person anzugreifen, statt sachorientiert zu argumentieren. Und der erweiterte Rassismusbegriff wird gewohnheitsmäßig gegen alles verwandt, was einem nicht passt. (Ähnlich wie beim Faschismusbegriff). Die anonyme Bloggerin hat natürlich nicht plump geschrieben, B. wäre ein Rassist, sondern es „nur“ insinuiert: Sein Text wäre es. Genauso hatte es ein taz-Journalist mit dem Bundespräsidenten versucht. Jener hatte geschickt insinuiert, G. wäre eigentlich, genau genommen, fast ein Holocaustleugner.

Jetzt passiert das Irre:

Die Pseudonyma hat ihre Meinung auf einem Blog der SPD Neukölln veröffentlicht. Sowohl im Stadtteil wie in diesem Blog gibt es viele Buschkowsky-Anhänger. Die ließen ihr den Rassismusvorwurf nicht durchgehen.

Jetzt fordert sie von der SPD die Löschung der Einträge, von denen sie sich angegriffen und persönlich beleidigt fühlt. „Ich musste mit ansehen, wie Menschen nach mir traten, die ich nicht einmal kannte und die mich auf jeder Ebene meines Lebens zu verletzen suchten“, zitiert die Zeitung sie.

Ein besonnener Zeitungsleser schreibt: „Wer sich diesen Netzwerken hingibt, darf sich nicht wundern, wenn es unter Millionen von Nutzern auch welche gibt, die nicht den „richtigen“ Ton treffen, aber das hat Frau Büttner schließlich auch nicht getan.“

Nachtrag: Die pseudonyme Bloggerin ist mit ihrem Rassismusvorwurf noch ein harmloses Produkt des Berliner Meinungsklimas. Der SPD-Kommunalpolitiker Aziz Bozkurt toppt sie: Er vergleicht Buschkowsky mit dem rechtsextremen norwegischen Massenmörder Breivik. Und zieht den Vergleich im nächsten Satz zurück, mit der Bemerkung, er vergleiche B. natürlich nicht, aber da könne es hingehen mit B. Den Beleg, dass B. genauso redet wie Breivik, bleibt er natürlich schuldig.

Die Berliner Grünen wollen nicht zurückstehen: Der grüne Bezirksbürgermeister von Friedrichshain, Franz Schulz, behauptet von sich, anders als der „Demagoge“ und „Rassist“ B. (so nennt er ihn) alle Migrationsprobleme in seinem Bezirk gelöst zu haben. Seine Parteifreundin, MdB Deligöz, wirft B., vor keine Lösungen aufgezeigt zu haben. Mit diesem Satz entlarvt sie sich als Nichtleserin des Buches.

Ist es ein Wunder, dass in Berlin die Schulen und die S-Bahn marode sind, das Schulwesen an die Wand gefahren wird, 146 Millionen Hundehaufen jährlich lauern, die Hauptstadtflughafenplanung aus dem Ruder gelaufen ist, „Wegschauen als Zeichen von Toleranz gilt“ (Mechthild Küppers, FAZ), usw.usw., angesichts von Vertreter/-innen der politischen Elite, die mit Vorliebe auf Boten schlechter Nachrichten einprügeln?

„Be Berlin“ heißt der hinreißende Stadtmarketing-Slogan. Einige  Kommunalpolitiker/-innen in Berlin leben den Slogan.

Facebook als Brutstätte für Shitstorms

Seit längerer Zeit mal wieder in der „Zeit“ gestöbert und einen interessanten Aufsatz gefunden:

Evelyn Finger/Götz Hamann: Der Machtapparat. Facebook für Fundamentalisten: Wie Netzwerke die ewige Sehnsucht nach einfachen Wahrheiten befriedigen.

Man kann das Phänomen auch in den Kommentarspalten von ZEIT online studieren.

Nachtrag: Ein neues Berufsbild zeichnet sich ab: Shitstorm-Manager. Die sich auf Facebook präsentierenden Konzerne und Institutionen aller Art haben aus Erfahrungen gelernt: Sie suchen nach Kommunikationsexperten, die ihnen helfen, in der Social-Media-Welt zu überleben.

Siehe auch: 25000 haben den Like-Button gedrückt

Neues Buch von Howard Rheingold

Rheingold, Guru der Internetfrühzeit und bis heute geschätzter Vordenker, legt sein neuestes Buch vor: Netsmart. How to Thrive Online.

Er denkt positiv: Wir sollen das Netz intelligent nutzen und uns nicht von Sprüchen wie „Wie Google macht doof“ und „Lesen am Bildschirm schadet dem Gehirn“ ins Bockshorn jagen lassen. Es komme darauf an, wie man seinen Facebook-Status update, Suchmaschinen nutze und Filme aufs Smartphone streame. Ein aufgeklärtes Bürgertum verstünde es, im digitalen Meer zu schwimmen und in tiefere Schichten zu tauchen. Man benötige „Internetschläue“ (network smarts; daher der Buchtitel). Auch in der Schule solle man schon lernen, die guten von den schlechten Internetseiten zu trennen. Er formuliert es drastischer: crap detection.

Social media at its best

Die „Diskussionskultur“ in vielen Internetmedien ist rau, aber herzlich und wortstark. Sie erinnert an die Bierzeltatmosphäre am Aschermittwoch: Ich, ich, ich, der große Durchblicker, erkläre Dir – heul´doch, Waldschrat – , der noch nicht mal die Rechtschreibung besser beherrscht als ich, ich, ich, wie das Internet funktioniert.

Es reicht schon, nur die Kommentare zu genießen. 🙂

Die schöne, neue Welt des Internets ist nicht wesentlich anders als die alte. In der gab es Bild, Focus, FAZ und Goldenes Blatt. Jetzt macht jeder sein Bild, seine FAZ oder seinen Focus. Was für ein Fortschritt!

Siehe auch „Anna-Maria-Krause, ARD-Social-Media-Koordinatorin shitstormt“

Ein Glücksfall für Informationskompetenzvermittler: Joachim Gauck und die Medien

Die social media und die media überhaupt sind ein hervorragendes Biotop für Bauernfänger und guerilla marketing. Schorlemmer und weitere evangelische ex DDR-Pfarrer, der Tagesspiegel, die taz, Ströbele, die Vereinigung der Stalinismusopfer und tutti quanti verkünden ihre Vorabverdikte über Joachim Gauck. Gegen Hartz 4, für Sarrazin, für Vorratsdatenspeicherung, gegen occupy wäre er. Mit der Rostocker Stasi hätte er  vertrauensvoll zusammengearbeitet und ein richtiger Bürgerechtler wäre er auch nicht gewesen, sagen der Linksparteipolitiker Bartsch, der 1989 in Moskau seinen Doktor machte, und die richtigen Bürgerrechtler. Und vor allem, er rede dauernd und ausschließlich über Freiheit.

Ich nutze bei solchen Gelegenheiten mein Verständnis von Informationskompetenz als (ehemaliger) Sozialkundelehrer und fordere auf, nachzusehen, was wirklich geschrieben steht oder gesagt wurde. Fast immer gibt es erstaunliche Funde. Sinn entnehmendes Lesen war ja schon bei PISA als Desiderat an deutschen Schulen aufgefallen. Einige aus der Problemgruppe haben den Weg in die Medienberufe gefunden.

Ich fange an, die Unterstellungen zu überprüfen, und stoße auf Sascha Lobo, der mir die Arbeit abgenommen hat. Siehe auch hier. (Es handelt sich zwar um „Cicero“, also für manche scheinbar hart am Rande des Faschistoiden, aber die Zitate sind nachprüfbar.)

Es wäre ein Beispiel für eine Fallanalyse im Sozialkundeunterricht.

Nachträge:

Digitaler Mob: 25000 haben den „Like-Button“ gedrückt

und fordern so auf Facebook den Tod eines saudischen Mohammed-Kritikers, berichtet SPIEGELonline. Den Blogger retten wollen bisher nur 5000 Facebookfreunde.

Was bin ich froh, dass ich dieser „Gemeinschaft“ nicht mehr angehöre.

Update 1.4.12: Der in Emden zuerst des Mordes an einem Kind Verdächtigte wäre dank der Mobilisierung der Massen durch die social media fast gelyncht worden.