Archiv der Kategorie: Bestandsaufbau

Literatur und Medien zu Asyl und Flucht

Der LAG-Vorsitzende Hans Günther Brée hat eine Literaturliste zum Thema zusammengestellt. Jetzt weist er ergänzend auf die Filmliste des Deutschen Kinder- und Jugendfilmzentrums (KJF) hin, die er für sehr brauchbar hält.

Im Augenblick haben derartige Listen Hochkonjunktur. Daher ist es jeweils gut zu wissen, wer die Liste zusammengestellt hat.

Gerne erinnere ich daran, dass es im LAG-Projekt „Die Bibliothek in der Kiste“ vor genau 20 Jahren eine erste Liste und eine an drei Standorten ausleihbare Kiste zum Thema „Heimat und Asyl“ gab.

Das Thema war damals breit gefasst: Über- und Aussiedler aus Ost- und Ostmitteleuropa, dem ehemaligen Ostblock, die deutsche Auswanderung, das Schicksal der Vertriebenen, Fremdenhass in Deutschland, die Arbeitsimmigranten aus der Türkei, Migrationen im Lauf der Geschichte bis zu den vietnamesischen Boat People. Unser „geheimer Lehrplan“ damals war wohl: Migration ist der Normalzustand, Bleiben ist die Ausnahme.

Die Bibel: Raus aus der Schulbibliothek?

Der US-amerikainische Bibliotheksverband veröffentlicht regelmäßig die Liste der zehn Bücher, über die es die meisten Beschwerden in Bibliotheken gab: the most-challenged books .

Erstmals ist 2015 darauf die Bibel verzeichnet. Sie liegt auf Platz 6.

Beschwerdegrund ist, dass Staat und Religion auseinander gehalten werden müssten. Staatliche Einrichtungen wie Bibliotheken und Schulen dürften dafür kein Geld ausgeben.

Das ist erstaunlich für einen Staat wie die USA, deren Gesellschaft viel religiöser ist als die deutsche.

Multimediale Webseite DKfindout! für Schüler

Der Verlag Dorling Kindersley (DK) hat seine multimediale Webseite DKfindout! für Schüler etwa bis Klasse 6 überarbeitet. Wer die üppig mit Zeichnungen und Fotos ausgestatteten Sachbücher des Verlags kennt, wird ahnen, was kommt. Es geht um Themen der Naturwissenschaften, der Mathematik und Technik, der Geschichte und der Geographie. Es gibt Video, Audio und natürlich die tollen Zeichnungen und Fotos aus den Büchern.

dk

 

Bücherkiste „Deutsch-jüdische Lebenswelten“ plötzlich aktuell

Der Zentralrat der Juden und die Kultusministerkonferenz haben gemeinsam getagt. Es soll eine Empfehlung erarbeitet werden, dass das Judentum im Schulunterricht künftig stärker als bisher „in seiner Gesamtheit“ dargestellt wird. Jüdische Geschichte soll im Unterricht besser vermittelt werden.

Die LAG Schulbibliotheken in Hessen e. V. hatte im Rahmen ihres Leseförderprojekts „Die Bibliothek in der Kiste“ eine Medienkiste „Deutsch-jüdische Lebenswelten“ erarbeitet (2007 im Blog vorgestellt).

Wenn ich jetzt lese, dass das Judentum in seiner Gesamtheit stärker dargestellt werden soll, wird mir bewusst, dass wir mit der Bücherkiste unserer Zeit voraus waren. Denn genau dies war das Konzept: Judentum für die Schüler nicht auf den Holocaust zu begrenzen, sondern die tausend Jahre jüdischen Lebens in Deutschland mit ihren Höhen und Tiefen darzustellen.

Die Leseliste von 2006 mit zehnseitiger didaktischer Handreichung (pdf; bisher ca. 3.000 Aufrufe)

Virtuelle Reise durch die Höhle von Lascaux

Eine virtuelle Reise durch die Höhle von Lascaux mit ihren 16.000 Jahre alten Tierbildern: http://www.lascaux.culture.fr/?lng=en#/fr/00.xmlLascaux

„Lascaux2“ von Cro-Magnon peoples – http://www.mageist.net/Images/lascaux_horse.jpg. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lascaux2.jpg#/media/File:Lascaux2.jpg

 

 

 

 

(via brain hive)

Vor Ort in der Dordogne gibt es eine Nachbildung von Teilen der Höhle, die für Besucher gebaut wurde. Besuche in der originalen Höhle würden den Malereien aus der Jungsteinzeit schaden. Ein Museum mit Kopien der Tierbilder soll 2016 eröffnet werden.

Ärger über Organisationsänderungen in der Berliner Zentral- und Landesbibliothek

Die Berliner Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) gilt als größte öffentliche Bibliothek in Deutschland. Sie ist auf zwei Gebäude verteilt, was auf die Teilung Berlins bis 1989 zurückgeht. Ein repräsentativer Neubau auf dem ehemaligen Tempelhofer Flugfeld, für den schon Entwürfe vorlagen, ist nicht mehr möglich, da ein Bürgerentscheid die Randbebauung mit Wohnungen und der ZLB untersagte.

Jetzt erlebt die ZLB den nächsten Schock. Ein Gutachten renommierter Bibliothekswissenschaftler enthält brisante Vorschläge. 100 der 300 ZLB-Mitarbeiter sind mit der Einarbeitung der jährlich 70.000 Medien beschäftigt: lektorieren, bestellen, katalogisieren.

An deutschen öffentlichen Bibliotheken sind ca. 70% der bibliotheksfachlichen Tätigkeiten an externe Dienstleister ausgelagert, an der ZLB sind es 5%. Daher schlagen die Gutachter vor, bei der ekz eine Standing Order zu abonnieren und somit Katalogdaten einfach zu übernehmen und das Lektorats-, Bestell- und Katalogisierungspersonal drastisch zu verkleinern.

So könne man mehr Mitarbeiter für die Begegnung mit den Nutzern, etwa für digitale Angebote und längere Öffnungszeiten, gewinnen.

Der Ärger über die geplante Reform ist beim ZLB-Personal, aber auch bei Bibliotheksfreunden groß. Man habe ein besonderes Profil und nicht umsonst eine sehr hohe Besucher- und Ausleihfrequenz. Das wäre mit einem ekz-Angebot von der Stange nicht zu leisten.

Die bibliotheksaffinen Berliner Wutbürger/-innen kommen mit der Nazikeule: Sie fühlen sich an die Bücherverbrennung 1933 erinnert. Ich hatte schon den Stift gezückt, um die Petition zu unterschreiben, da las ich das mit dem Faschismus.

Die genannten Zahlen sprechen Bände. Es hat mich erstaunt, dass Bibliotheken heute 70% ihrer Arbeit auslagern, die ZLB aber 95% selbst erledigt und dafür ein Drittel der Mitarbeiter einsetzt.

Ganz unbekannt ist mir das Problem nicht. In den hessischen Barfuß-Schulbibliotheken wurde und wird vielfach noch die allermeiste Zeit damit verbracht, Bücher auszusuchen, einzuarbeiten: foliieren, Signaturschild und Fristzettel kleben, Karteikärtchen schreiben oder die Buchdaten in den Computer eingeben, über Schlagwörter und die richtige Signaturgruppe nachdenken. Seit es LITTERA und Fremddatenübernahme gibt, sind bibliotheksorganisatorische Tätigkeiten zusammengeschrumpft.

Verständnis habe ich für die Kritik an der Standing Order der ekz. Wir hatten Probleme mit den Vorschlägen des ekz-Lektorats „Empfohlen für Schulbibliotheken“. Die Empfehlung entsteht, so habe ich mir sagen lassen, ohne „Autopsie“, d. h. der ekz-Lektor liest das Buch nicht, sondern empfiehlt aufgrund der Verlagsangaben, z. B. Altersstufe, Waschzettel, Titel und Untertitel. Oft haben wir Barfuß-Schulbibliothekare festgestellt, dass KJL, die von der ekz empfohlen bzw. für die Standing Order KJL ausgewählt wurde, bei uns Ladenhüter wurde oder – im Sachbuchbereich – zu schwierig für Kinder und Jugendliche war.

Aber es sollen ja weiterhin jährlich 6.000 Medien vom hauseigenen Lektorat ausgewählt werden dürfen.

(Nach Lektüre eines Berichts in der PNN)

E-Books in US-Schulbibliotheken: Langsames, aber stetiges Wachstum

Einer Umfrage des Schulbibliotheks-Ausstatter Follet in fast 900 Schulen zufolge, wächst der E-Book-Bestand sehr langsam. Im Vergleich zum Printbestand ist die Zahl noch sehr niedrig: 189 Titel gegenüber durchschnittlich 11.300 Printmedien. die Bestände seien in Grundschulen (Klassen 1-6) größer als in der Sekundarstufe

Gelesen wird am häufigsten am Schulcomputer, dann mit schülereigenen Tablets oder mit dem iPad. Letzteres bevorzugen vor allem jüngere Schüler. Erst mit Abstand kommen die E-Reader Kindle und Nook. Lehrer und Schüler würden aber gedruckte Medien bevorzugen.

Alle Befragten meinen, dass im digitalen Lesen die Zukunft der Bibliotheken liege. Angesichts sinkender Haushalte seien die Anschaffung, die Präsentation und die Ausleihe eine Alternative. E-Books können nicht verloren gehen oder beschädigt werden, brauchen keinen Regalplatz und die Rückgabe muss nicht angemahnt werden.

Mehr im School Library Journal

Sexuelle Vielfalt im Unterricht (2)

Wie sich die Zeiten ändern. Als wir Bücher wie den Sexualkundeatlas oder Lennart Nilssons „Ein Kind entsteht“ im Bestand der Schulbibliothek hatten, liefen wir Gefahr, von eifrigen Eltern zensiert zu werden. Denen missfielen die Zeichnungen vom Fortpflanzungsvorgang oder die Bilder vom Fötus. Die Unterrichtsmaterialien, die ein fortschrittlicher Referent im Familienministerium entwickeln ließ und die wir gerne in der Förderstufe einsetzten, mussten wir aus dem Verkehr ziehen, weil der christliche Familienminister Heiner Geißler sie zurückgezogen hatte.

Heute liefen wir ehedem Progressiven Gefahr, als Heterofaschisten* oder Genderrassisten beschimpft zu werden, von der Protest-Agentur compact mit einer Unterschriftensammlung oder einem Flashmob in der Bibliothek bedacht zu werden: Weil wir keine sexuelle Vielfalt im Regal hätten.

Sexualkundelehrpläne, -kompetenzraster und -handreichungen werden heute maßgeblich von Queerverbänden geliefert. Lesbische, queere, transgender(e), homosexuelle Lebensstile. Die sexuelle Vielfalt – noch längst nicht erschöpfend erfasst: was ist mit polyamourös? – hält Einzug in den Unterricht. Kinder und Jugendliche sollen diese Vielfalt kennenlernen und spielerisch erproben. Man muss zukünftig wohl nicht mehr von Sexualkunde sprechen, sondern von Sexualerziehung. Es geht um die Zustimmung zu sexueller Vielfalt als dem erstrebenswerten Ideal. Die heterosexuelle Zweierbeziehung wird Auslaufmodell.

Daher meine – nicht ernst gemeinte – Bestandsempfehlung: „Sexualpädagogik der Vielfalt. Praxismethoden zu Identitäten, Beziehungen, Körper und Prävention für Schule und Jugendarbeit” der Professorin für Soziologie der Diversität, Elisabeth Tuider, erschienen im Juventa-Verlag, empfohlen von pro familia. (Mitarbeit: Mario Müller, Stefan Timmermanns, Petra Bruns-Bachmann und Carola Koppermann)

Hier eine Unterrichtsanregung aus dem Buch: (aus google books)Tuider

Eine gut sortierte Schulbibliothek hat am besten auch gleich den Spielekoffer mit den oben genannten Utensilien.

Die Anleitung zum Schreiben von Gedichten zum Analverkehr oder die Entwürfe eines „Puffs für alle“, die in den Internetforen als Bestandteil des Buches genannt werden, werden bei google books (leider) nicht gezeigt.

Für manche Kinder und Jugendliche mögen das alte Hüte sein, aber jetzt muss es Lernziel – äh, Kompetenz – für die ganze Klasse werden.

* Ich wohne in Potsdam, wo das, was dem linken Mainstream nicht passt, faschistisch ist, z. B. die Barockschlösser und die Regierung in Kiew.
 

Nachtrag: siehe auch Antje Schmelcher, Unter dem Deckmantel der Vielfalt, FAS v. 12.10.20114, p. 3 und ein Interview mit dem norwegischen Kabarettisten Harald Eia ((„Das Gleichstellungsparadox“) sowie „EU soll Sexualkunde-Curricula vorgeben“.

Politische Bildung durch die Schulbibliothek?

Anka Rahn von der AG der Berlin-Brandenburger Schulbibliotheken schreibt in einem Beitrag auf dem AGSBB-Blog über die Schulbibliothek als Ort der politischen Bildung. Das war für mich in meiner aktiven Zeit ein ganz zentrales Thema. Ich muss gestehen, dass ich das fast vergessen hatte. Beim Lesen ihres Beitrages fallen mir aber sofort die einschlägigen Aktivitäten in „meinen“ früheren Schulbibliotheken ein.

Was Anka Rahn schreibt, ist bisher leider allzu selten geschrieben worden. Ich möchte das mit ein paar Ergänzungen unterstützen:

Wir hatten in der Schulbibliothek eine Litfaßsäule, ein Überbleibsel aus einer Theateraufführung. Eine Tageszeitung (an einer Zeitungsstange befestigt) gab es täglich, sie wurde vier Wochen aufgehoben. Eine „Bibliotheksmutter“ führte ein Zeitungsausschnittarchiv. Bei aktuellen politischen Ereignissen „klotzten“ wir und kauften viele Zeitungen. Die Titelseiten mit den Schlagzeilen wurden an einer Wäscheleine aufgehängt. An einer Wand hingen eine große Welt- und eine Deutschlandkarte, an denen das Geschehen lokalisiert werden konnte.

Zu bestimmten Themen gab es Handapparate mit jeweils ca. 30 und mehr Büchern: 1848/49, 17. Juni 1953, Nationalsozialismus, Auf der Suche nach Heimat (Asyl, Migration, Flucht), Jugend und Gewalt, Städtebau, Jüdisches Leben in Deutschland.

Es gab mehrere Politik-Lexika. Den Fischer-Weltalmanach, ein lexikalisches Jahrbuch mit einem Länderteil und vielen aktuellen Daten, hatten wir als Klassensatz, später als CD-ROM, und natürlich die Hefte „Informationen zur politischen Bildung“ für die Lehrkräfte und die Oberstufe, sowie alles Brauchbare der Zentralen für politische Bildung. Wir propagierten den Schülerwettbewerb der politischen Bildung, für dessen Aufgaben man fast immer die Medien der Bibliothek benötigte.

Das alles wurde rege genutzt, wenn die Lehrer einmal verinnerlicht hatten, dass es das in der Bibliothek gab. Weniger genutzt wurde der kleine Internetkatalog mit einer Linksammlung und ein Zeitungsarchiv auf CD-ROM. Das ist durch die Entwicklung des Internets, insbesondere der Suchmaschinen, überflüssig geworden.

Frau Rahn weist auf eine österreichische Broschüre der dortigen Zentrale für politische Bildung in der Schule zum Thema Schulbibliothek hin. (Wer in deren Shop stöbern will: hier!)

Ich freue mich sehr, dass sie dieses Thema aufgegriffen hat.

KJL zum Ersten Weltkrieg

Das Mammut-Gedenkjahr 2014 wirft seinen Schatten: Ich werde nach Kinder- und Jugendbüchern zum Ersten Weltkrieg gefragt.

Wie es sich gehört, vorweg etwas für die Hand des Lehrers: Das Heft 108 von Geschichte lernen aus dem Jahr 2005(?). Vielleicht ist es noch in einer Schulbibliothek oder einem Fachschaftsschrank vorhanden. Über subito kann man Aufsätze daraus bestellen. Beim Verlag ist das Heft vergriffen. Weiterlesen