Schlagwort-Archive: Schulbibliotheken

Südkorea! Südkorea!

Das südkoreanische Schulbibliothekswesen ist in Deutschland entdeckt worden. Es ist dort seit 1963 per Gesetz verankert. Das geschah also zu einem Zeitpunkt, als in Deutschland das Schulbibliothekswesen als freiwillige Aufgabe und als Sonderform der öB den Kommunen unterstellt wurde und nicht als Teil des Schulwesens gemeinsame Aufgabe von Kommunen und Ländern wurde. Allerdings, wie so oft, etwa auch in Schweden oder in Brasilien, ist ein Gesetz nur die Hälfte des Himmels. Die Räume, die Raumausstattung und die Personalversorgung ließen Wünsche offen. In den vergangenen zehn Jahren allerdings, mit Hilfe nationaler Programme, hat sich vieles verbessert. Statt wie seit Jahrzehnten 80% der Schulen haben jetzt nahezu alle Schulen eine Bibliothek.

Wer wollte, konnte die südkoreanische Entwicklung seit einigen Jahren auf den IASL-Welt-Schulbibliothekskonferenzen verfolgen, wo Südkorea mit Präsentationen dabei war.

Ein Gutes hat die Entdeckung: Nun kann man nach Südkorea reisen, um Schulbibliotheken zu besichtigen. Noch ein Gutes: Man erinnert sich daran, dass ein Gesetz vielleicht nicht schlecht wäre.

Vor 15 Jahren erhielten wir eine Einladung nach Südkorea. In den E-Mails ging es sehr konkret um Reisedetails, nicht um Inhalte. Dann gab es eine Pause, Der in Aussicht genommene Termin rückte näher. Und dann kam eine verlegene Absage: Man bekäme die Reisekosten nicht zusammen.

 

Nachtrag zu „Wie Goethe-Institut und Bibliotheksverband weltweit informieren“

Es ging darum, dass das Goethe-Institut auf seiner Website über das Bibliothekswesen in Deutschland informierte. Die Autoren, zwei Bibliothekare, streiften auch das Schulbibliothekswesen. Das war sehr euphemistisch, aber auch richtig fehlerhaft. Ich hatte den Präsidenten des Goethe-Instituts darauf aufmerksam gemacht. Der ließ mir nun von seiner Leiterin Bereich Bibliotheken, Frau Hella Klauser, antworten:

Das Institut stelle die Datei mit Genehmigung des Olms-Verlages der Leser/-innenschaft zur Verfügung. auf den Inhalt habe das Institut keinen Einfluss.

Sie geben aber meine Bedenken gerne an die Autoren, den Verlag und den bibliotheksfachlichen Dachverband BID weiter.

Chile: Schulbibliothekskoordinatorin Constanza Mekis im Ruhestand

In Chile wurden in 22 Jahren nahezu alle Schulen mit Schulbibliotheken ausgestattet. Die Koordinatorin für Schulbibliotheken im Bildungsministerium, Constanza Mekis Martinez, begleitete dieses Projekt verantwortlich von Anfang an.

Aus Anlass der 20-Jahr-Feier des Schulbibliotheksprojekts hatte sie einen beeindruckenden Bild- und Textband dazu vorgelegt.

Sie geht jetzt in den verdienten Ruhestand.

Wie Goethe-Institut und Bibliotheksverband weltweit informieren

Das neue Jahr fängt an, wie das alte aufgehört hat. Die Melodie ändert sich nicht. Eine neue ist, trotz aller Beteuerungen, nicht zu hören.

Was ist der Anlass für diese kryptische Bemerkung?

ENSIL, die europäische Mailing List für Schulbibliothekare, informiert die Teilnehmer über einen Link auf goethe.de, der vom Deutschen Bibliotheksverband an die US-amerikanische Schulbibliotheksprofessorin Dianne Oberg geschickt wurde und jetzt auch bei ENSIL gelandet ist. Auf goethe.de wäre ein pdf, das einen aktuellen Überblick über das deutsche Bibliothekswesen gäbe, auf zwei von 128 Seiten auch über das Schulbibliothekswesen, 3. durchgesehene Auflage, in Englisch.

Meine Enttäuschung war groß, als ich entdeckte, dass es sich um eine Abhandlung vom Anfang des Jahrtausends handelt, die ich (in Deutsch) schon vor ca. zehn Jahren (2007?) in den elektronischen Papierkorb geworfen hatte (Jürgen Seefeldt and Ludger Syré, Portals to the Past and to the Future – Libraries in Germany). Die englische Übersetzung wurde 2011 publiziert auf der Basis der Bibliotheksstatistik von 2009. Im Vorwort wird von Aktualisierungen gesprochen.

Die zwei Seiten zur Schulbibliothek sind auf Englisch genauso enttäuschend wie vor Jahren auf  Deutsch:

  • Da ist die PISA-Gebetsmühle vom Zusammenhang des schlechten deutschen Abschneidens mit dem Fehlen von Schulbibliotheken. Trotz angeblicher Aktualisierungen fehlt der Hinweis, dass die deutschen PISA-Ergebnisse auch ohne mehr Schulbibliotheken besser geworden sind. (Was Schulbibliotheken dennoch nicht überflüssig macht.)
  • Grund- und Mittelstufenschulen hätten kaum Bibliotheken. Das stimmt nur, wenn man die Messlatte der bibliotheksfachlichen Standards anlegt. Die kritische Diskussion über Sinn und Unsinn solcher bibliothekarischer Standards für Schulbibliotheken ist an den Autoren vorbeigegangen.
  • Das Förderprogramm des Bundes für Ganztagsschulbauten hätte den Bau von Schulbibliotheken befördert. Das war nur in Hessen ansatzweise so. Die Kultusministerin bekam aber viel Ärger, weil das Geld dafür eigentlich nicht gedacht war. Außerdem: Es gab dann einen Raum, aber alle Folgeprobleme blieben weiterhin ungelöst.
  • Die Bertelsmann-Aktion „Bibliothek und Schule“ wird gelobt („bewundernswert“), mit der fünf Stadtbibliotheken ihre Zusammenarbeit mit Schulen (nicht Schulbibliotheken!) intensivieren sollten. Sie stammt aus dem letzten Jahrhundert (90er Jahre). Die Bertelsmann-Stiftung spricht sich heute nicht mehr gegen die Einrichtung von Schulbibliotheken aus, sondern empfiehlt, wie vor dem „bewundernswerten“ Projekt, wieder Schulbibliotheken einzurichten. Syré/Seefeldt erwähnen also in ihrem Schulbibliotheks“kapitel“lobend ein Projekt, das Schulbibliotheken überflüssig machen sollte.
  • Natürlich werden auch die Verträge des Deutschen Bibliotheksverbandes mit einigen Kultusministerien gelobt. Wieso die von den Autoren auf das Pluskonto von Schulbibliotheken gebucht werden, ist mir schleierhaft. Einzige Lösung: Syré/Seefeldt haben diese Verträge nie gelesen. Von Schulbibliotheken ist in den wenigsten dieser Vereinbarungen die Rede.
  • Ein Drittel der Schulbibliotheken wären Zweigstellen öffentlicher Bibliotheken. Wie wurde diese hohe Zahl ermittelt? Kann es sein, dass diverse Kooperationsformen (Bücherkistenausleihe u. ä.) mitgezählt wurden?
  • Bei der Handvoll schulbibliothekarischer Arbeitsstellen, die entstanden sein sollen, wird auch Wiesbaden genannt. Diese verlor durch Schließung ihre zugeordneten Stadtteil- und Schulbibliotheken. Auch die Arbeitsstelle in Offenbach a. M. erlebte die Schließung ihrer einizen Kombi-Bibliothek in einer Schule.

Dass so viel Unfug vom Deutschen Bibliotheksverband und dem Goethe-Institut weltweit verbreitet wird, ist peinlich.

Vor allem tun mir die reformbereiten (Schul-)Bibliothekarinnen leid, die mir sagen, es tut sich doch endlich etwas, der Bibliotheksverband berät, neue Verbandsobere wären aufgeschlossener.

Mein Überblick über Schulbibliotheken in Deutschland

Denken die Bibliothekare um?

Die ekz sponserte in Berlin ein Seminar zum Thema Schulbibliotheken. Vor Jahren hatte sie dies der LAG Schulbibliotheken in Hessen e. V. noch abgelehnt. Andreas Mittrowann, Bibliothekarischer Direktor der ekz GmbH, setzt nunmehr auf Schulbibliotheken. Vor Jahren hatte er noch ein millionenschweres, fünfjähriges Projekt der Bertelsmann-Stiftung zu Gunsten der Kooperation von Stadtbibliotheken mit Schulen geleitet.

Nun gut, verlorene Jahrzehnte, jetzt aber mit voller Kraft voraus.

„Die neue Devise lautet: Nur eine gut ausgestattete Schulbibliothek vor Ort, so die Schlussfolgerung von Frau Lücke, könne einen wirksamen Beitrag zur Medienbildung der Lernenden leisten.“ (Webseite der AGSBB)

 

Bibliothekarsreise nach Porto Alegre/Brasilien ausgeschrieben

Das Goethe-Institut in Porto Alegre im Süden Brasiliens betreut einen dreiwöchigen Aufenthalt einer/eines englisch- oder portugiesisch sprechenden Diplom-Bibliothekarin/-thekars.

Die Daten 3.8. – 23.8.  oder 10.8.-30.8. 15 stehen zur Auswahl.

Das ist sicher lohnend. Porto Alegre hat nach meiner Erfahrung das angenehmste Klima und der Bundesstaat das am weitesten entwickelte Schulbibliothekswesen Brasiliens.

Eile ist geboten: Anmeldeschluss am 15.5.!!

Fragen und Bewerbungen an die Bibliothek des Goethe-Instituts Porto Alegre bibl@portoalegre.goethe.org schicken.

Nachtrag Juli 2915: Leider finde ich keine Information darüber, wer ausgewählt wurde. Ähnlich war es bei einer Ausschreibung für eine USA-Schulbibliotheks-Rundreise. Der Kommentar einer abgewiesenen Schulbibliothekarin: „Man muss wohl zum ´Inner Circle´gehören.“

Eine nationale Schulbibliothekskonferenz?

Seit fast 30 Jahren organisieren wir in Hessen Schulbibliothekstage (Genau genommen organisiert sie seit Jahren Hans Günther Brée.) Ich stehe nicht allein mit dem Urteil, dass sie eine hervorragende Einrichtung geworden sind, die weit über Hessen hinaus Beachtung findet und – worüber wir uns freuen – Nachahmung in anderen Bundesländern. Seit vielen Jahren fragen wir uns und werden auch gefragt, ob es nicht eine Bundes-Schulbibliothekstagung geben sollte. Wir Hessen fühlen uns dazu nicht berufen, auch wenn ich zugebe, dass es uns manchmal „gejuckt“ hat, auch hier zu zeigen, wie es geht. Wir haben uns dafür entschieden, nicht aktiv zu werden. Das hat mehrere Gründe: Weiterlesen

Schulbibliotheken in Berlin

Laut der Antwort des Berliner Bildungssenators auf eine Anfrage der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus im Mai 2014 gibt es in Berlin ca. 500 Schulbibliotheken. Mitgezählt sind 7 geplante oder im Aufbau befindliche. Andererseits werden 15 Schulbibliotheken wegen Raumbedarfs für Klassenzimmer ihren Raum verlieren. (Nicht nur in Berlin gehören Schulbibliotheken, anders als Turnhallen, nicht zum vorgeschriebenen Raumprogramm von Schulen. Sie werden im Schulgesetz noch nicht einmal erwähnt.)

Angesichts der Gesamtzahl von ca. 740 allgemeinbildenden und beruflichen öffentlichen Schulen keine schlechte Quote. Nehmen wir an, dass die Zahlen stimmen. Wir sind bei Abfragen von Schulen einiges gewohnt. Da wird übertrieben oder die Frage falsch verstanden.

Zur Gesamtzahl der öffentlichen Schulen kommen noch ca. 220 private berufliche und allgemeinbildende Schulen. Dort sieht es für Schulbibliotheken meist besser aus.

Im Gedächtnis behalten sollte man, dass Bildungsstaatsekretär Rackles in der Beantwortung der Anfrage auf die pädagogische Funktion der Schulbibliothek hinweist und nicht alles auf Kooperationsverträge und die öffentlichen Bibliotheken schiebt:

„Schulbibliotheken sind ein Angebot, das die Leseumgebung im Klassenraum und in der Schule ergänzt. Sie sind geeignet – neben den regulären Leseszenarien im Unterricht und im Schulleben – Schülerinnen und Schüler zur Erweiterung ihrer individuellen Leseerfahrungen anzuregen, Leseinteressen auszubauen und Lesemotivation zu steigern sowie Strategien der Informationsbeschaffung und –verarbeitung zu erwerben bzw. zu vertiefen. Da Schulbibliotheken – ebenso wie öffentliche Bibliotheken im Stadtteil – Lesekultur und Medienrezeption auch über den Unterricht im Klassenraum hinaus erlebbar machen, kommt ihnen für die langfristige Förderung von Lese- und Rechtschreibkompetenz im Besonderen eine ebenso unterstützende Funktion zu wie für die Förderung
von Medienkompetenz im Allgemeinen.“
Diese Stellungnahme ist sicher erweiterungsfähig: Schulbibliotheken als gut ausgestattete multimediale und multifunktionale Unterrichtsorte. Auch war (West-) Berlin in den 70er Jahren schon einmal weiter, was schulbibliothekarische Arbeitsstellen und hauptamtliche Mitarbeiter/-innen angeht. Aber die Aufgeschlossenheit in der Bildungsverwaltung ist anscheinend größer als in Hessen (Mantra „Kooperationsverträge sind das A und O und die Kombibibliothek ist der Königsweg“) oder Baden-Württemberg (Eine frühere Kultusministerin: „Schulbibliothek hat mit Pädagogik nichts zu tun.“)