Archiv der Kategorie: Leseförderung/Lesen

Bücher lesen verlängert das Leben

An der Universität Yale wurden die Lesegewohnheiten von fast 4.000 Amerikanern im Alter ab 50 Jahren analysiert. Dabei kam heraus, dass diejenigen, die bis zu 3,5 Stunden wöchentlich lasen, eine 17 Prozent niedrigere Sterblichkeit aufwiesen, als diejenigen, die gar keine Bücher in die Hand nahmen. Bei den Probanden, die  pro Woche über 3,5 Stundenlasen, lag der Wert sogar bei 23 Prozent. Leser überlebten  Nichtleser rund gerechnet um zwei Jahre.

Das Lesen von Büchern trägt dazu stärker bei als Zeitung lesen.

Bericht der New York Times Online, Rubrik Wells, vom 3.8.16

Erst einmal gründlich erforschen

Passt ganz gut zum vorhergehenden Artikel, in dem gezeigt wird, wie man in den USA pragmatische, kostengünstige Lösungen findet.

In Deutschland läuft das eher so:

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) und die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) vereinbarten im Oktober 2012 die gemeinsame Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS). Ziel des fünfjährigen Forschungs- und Entwicklungsprogramms  ist es, die sprachliche Bildung von Kindern sowie die in den Ländern bereits bestehenden zahlreichen Angebote zur Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Leseförderung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Effizienz wissenschaftlich zu überprüfen und weiterzuentwickeln. (Zitat aus der Pressemitteilung; vor vier Jahren habe ich das Projekt schon einmal vorgestellt, damals wie heute skeptisch, ob mehr dabei herauskommt als ein Beschäftigungsprogramm für Sozialwissenschaftler*innen und ein folgenloser Abschlussbericht.

Dies soll beschrieben, erforscht, implementiert, evaluiert usw. werden:

biss_module

Dies ist das Projektorganigramm:

biss_organgramm

Näheres zum Lenkungsausschuss:

Die zentrale Steuerung der Initiative soll durch einen Lenkungsausschuss übernommen werden, dem Vertreter des BMBF, des BMFSFJ, der Länder sowie der kommunalen Spitzenverbände und der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege angehören. Darüber hinaus sollen das Trägerkonsortium sowie – je nach Erfordernis – ggf. weitere wissenschaftliche Expertinnen und Experten mit Gaststatus vertreten sein.
Der Lenkungsausschuss setzt sich zusammen aus
15 stimmberechtigten Mitgliedern:
4 Vertretern der Länder (Schulseite)
4 Vertretern der Länder (Elementarbereich)
1 Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und 2 Vertretern der Spitzenverbände der
freien Wohlfahrtspflege
4 Vertretern des Bundes (BMBF, BMFSFJ)
sowie 4 weiteren Mitgliedern:
1 Vertreter des Sekretariats der KMK
3 Vertretern des Konsortiums mit Gaststatus
Insgesamt umfasst der Lenkungsausschuss 19 Personen. Er tritt pro Jahr zu ein bis zwei
Sitzungen zusammen, Beschlüsse müssen im Konsens der stimmberechtigten Mitglieder
gefasst werden.

 

Hier kann man die Projektbeschreibung nachlesen.

2013 schrieb ich im Hinblick auf die bisherige „Versandung“ von Projekten des BMBF und mit wenig Hoffnung auf unterrichtsrelevante Erträge von BISS:

„Vielleicht sind in den Instituten und Sonderforschungsbereichen noch Kapazitäten frei für:

  • eine Sekundäranalyse der Strategien und Module, die bisher zur Steigerung der Lesekompetenz entwickelt wurden
  • eine Untersuchung, inwieweit diese Modelle Eingang in die Unterrichtspraxis gefunden haben
  • eine Studie, ob diese Forschungsarbeiten zur Steigerung der deutschen PISA-Ergebnisse beigetragen haben“

Eine (veraltete) Übersicht über Forschungsprojekte gibt eine Expertise des BMBF: „Förderung von Lesekompetenz“ aus dem Jahr 2005, z. B. „Lesestart„.

In zwei Jahren, 2018, sollen die Lehrkräfte „wissenschaftlich erprobte Tools“ zu jedem BISS-Modul erhalten. 😉

NB.: Schulbibliotheken spielen in den Forschungsprojekten des BMBF so gut wie keine Rolle, vielleicht einmal eine halbe Seite von 300. Auch in der universitären Leseforschung tun sie das nicht. Eine der bekanntesten deutschen Leseforscherinnen hatten wir einmal als Rednerin zu einem Hessischen Schulbibliothekstag eingeladen. Bei einer anderen Begegnung antwortete sie auf die Frage des LAG-Vorsitzenden nach der Wirkungsforschung zu Schulbibliotheken, dass ihr derartiges nicht bekannt sei.

Eine andere Wissenschaftlerin, die ich per Mail fragte, warum sie Klassenbibliotheken empfehlen würde, aber keine Schulbibliotheken, antwortete gar nicht erst.

Lesefähigkeit mit Audiobooks steigern

Am US-amerikanischen Schulbibliothekswesen bewundere ich nicht zuletzt die speziell auf Schulen und ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten zugeschnittenen Lösungen bei der Digitalisierung der Schulbibliotheken. Beispiele habe ich in diesem Blog mehrfach gegeben. So etwa Follett Destiny oder Brain Hive.

Jetzt lese ich von Tales2Go, einer Plattform, die zurzeit 6.000 Audiobooks anbietet. Da es in Deutschland kein Schulbibliothekswesen gibt, das Schulbibliotheken als Teil der Schule begreift, für das Schulträger und Staat Verantwortung übernehmen und spezifische Lösungen schaffen müssen, muss eine deutsche Schulbibliothek z. B. sich der Onleihe bedienen, einem Verfahren des Ankaufs und der begrenzten Ausleihe von E-Books, das teuer ist und zu den Bedürfnissen der Schulalltags schlecht passt, abgesehen, davon, dass sich das nur finanziell gut dastehende Schulen leisten können oder Schulbibliotheken, die Teil einer leistungsfähigen öffentlichen Bibliothek sind.

Die Geschäftsmodelle von Brain Hive und Tales2Go sind auf Schulen zugeschnitten, also bei den Kosten sehr übersichtlich und nicht an klassischen bibliothekarischen Ausleihverfahren orientiert.

Dass sich jetzt Tales2Go zu einem Renner in den Grundschulen entwickelt, liegt an den Erfahrungen der Lehrer und ist auch durch wissenschaftliche Untersuchungen abgesichert: Schüler*innen, die regelmäßig (durch Audiobooks) vorgelesen bekommen, verbessern ihre Lesefähigkeit enorm. Sie können die Audiobooks auf ihren digitalen Geräten in der Schule und zu Hause hören und den Text mitlesen.

Natürlich könnte man die Eltern dazu bringen, (mehr) vorzulesen. Das wäre auf den ersten Blick noch billiger.

Schade, dass sich in Deutschland der Staat (Bund und Länder) davor drückt, Plattformen, Softwarelizenzen, Programme wie die oben genannten für Schulbibliotheken zu ermöglichen. Bei Schulbibliotheken Lösungen zu finden, die sich an den administrativen Gegbenheiten des Schulwesens orientieren, nämlich alle Schulen einer Region, eines Landes in den Blick nehmen, ist unbekannt. (Oder soll nicht sein.) Es herrscht die bei öffentlichen Bibliotheken übliche Atomisierung vor: Jede Bibliothek kauft für sich E-Books, Lizenzen, Katalogisierungsprogramm.

Stattdessen verweist er die Schulen auf die Zusammenarbeit von öffentlichen Bibliotheken und Schulen und gibt, wie in Hessen geschehen, einer Stadtbibliothek Geld im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, damit die digitale Lesegeräte anschafft, die dann von der Schule ausgeliehen werden können.

 

Suchen im Schulbibliotheksblog Basedow1764

Einer der eifrigsten Leser meines Blogs bin ich selbst. Zwar benutze ich den Blog ganz bewusst als Archiv, in dem ich Fundstücke, Zitate, Literaturhinweise oder Berichte aus anderen Ländern ablege. Wenn ich dann stöbere, bin ich doch erstaunt, wie viel mit den Jahren zusammengekommen ist. Und finde es schade, dass vieles in Vergessenheit gerät, weil es in den Tiefen des Blogs begraben liegt. Aufmerksamkeit erhält halt vorrangig das, was vor zehn Minuten oder allenfalls drei Stunden in den sog. sozialen Medien gepostet wurde. Ich merke das auch an der Statistik: Wenn ich nichts poste, geht die Klickrate nach unten. Poste ich drei oder vier Beiträge an einem Tag, schnellt sie nach oben.

Um die verborgenen Schätze zu heben, habe ich heute bloginterne Suchanfragen gemacht:

a) zu „Schulbibliotheksliteratur“

b) zu „Leseförderung/Lesen“

c) zu „USA“

d) 2013 hatte ich die damals gefragtesten Beiträge  genannt.

a) – c) sind Schlagwort-Suchen. Siehe die Schlagwort-Wolke am Rand rechts! Eine Stichwort-Suche liefert neben Treffern auch Beiträge, in denen das Wort vorkommt, aber dazu nichts zu erfahren ist.

Ein Hit der besonderen Art ist die Handreichung/Leseliste zu der (ehemaligen) LAG-Medienkiste „Ampelmännchen und Todesschüsse“ zum Thema DDR im Unterricht. Sie wurde in sieben Jahren 12.000mal aufgerufen, ca. 100mal eingebettet und 12mal downgeloadet. 1x wurde Kritik geübt.

 

Wo sind die Lektoren geblieben?

digithek.blog verweist auf einen Text in der Neuen Zürcher Zeitung, in dem die steigende Fehlerquote in Büchern moniert wird. Das spricht mir aus dem Herzen:

„Die Fehlerquote in Romanen und Sachbüchern hat in den letzten Jahren gewaltig zugenommen, und Traditionsverlage verheissen keineswegs ein höheres Mass an Qualitätssicherung. Wenn der Autor selbst kein penibler, faktensicherer Geist ist, muss man als Leser mit allem rechnen – nur nicht mit Lektoren oder Korrektoren, die genügend Zeit für einfachste Überprüfungen gehabt hätten.“

Ich würde die Zeitungen noch dazu nehmen.

Ganz aktuell fällt mir auf, dass der Akkusativ verschwindet. Auch in Nachrichtensendungen. Der Gebrauch des Artikels wird volatil. Wenn ich der statt das Blog sage, kann ich mich wenigstens auf die Erlaubnis des Dudens berufen. Bei Yoghurt und Virus gibt es schon länger Differenzen. Ich müsste einmal sammeln, denn jetzt gerade fallen mir weitere Beispiele nicht ein.

Dafür sagen aber viele vermeintlich hyperkorrekt, aber dennoch falsch: gegenüber des Polizeipräsidiums.

Der flüchtende Flüchtling wird im Frühling zum Lehrling

Lehrling und Flüchtling: Auf den Index?

Mich fasziniert die schleichende Sprachreform. Meist ist sie genderistisch motiviert, oft auch pc-bemüht.

Ich werde sogar von einer pensionierten Lehrerin korrigiert: Briefträger und Briefträgerinnen, so viel Zeit muss sein. Meine langatmigen Erklärungen zum generischen Maskulinum, das nicht das Geschlecht, sondern die Gattung meint, verfangen da nicht. Auch nicht der Hinweis, dass in gendergerechten Zeiten niemals mehr eine Frau zu den weltbesten Schriftstellern zählen kann, sondern nur noch weltbeste Schriftstellerin werden kann.

Eine neue Frucht der Sprachforscherinnen und Sprachforscher ist die Erkenntnis, dass die Silbe „ling“ einem Wort einen negativen Drall versetzt. Das hat sofort dazu geführt, dass in meiner Zeitung nur noch von Flüchtenden, nicht mehr von Flüchtlingen geschrieben wird. Das ist insofern geschickt, dass wir uns damit, ebenso wie bei Studierenden die gendergerechte Verdopplung Studentinnen und Studenten ersparen und einer Auszubildenden die Stigmatisierung als Lehrling.

Es stört die SprachreinigerInnen nicht weiter, dass Studierende nicht immer studieren, sondern auch einmal essen oder ins Kino gehen, also dann eher Essende und Ins-Kino-Gehende sind.

Ich bin gespannt, was mit dem Wort Frühling passieren wird.

Reiner Bonhorst auf Achgut über die -ling-Vermeidungsstrategien.

Musik-Videos zu Lesen, Bücher und Bibliotheken

Es ist an der Zeit, wieder einmal auf die wunderbaren Lese-Musik-Videos aus den USA zu verweisen:

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Zu finden auf Bookriot und Youtube

(Danke für den Hinweis bei digithek blog)