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Computerforschung. Ein paar Trefferlisten

Ich habe es mit den Wissenschaften an diesem Wochenende. Hier ein zweites Posting dazu:

Die Trefferliste in Google Scholar zu „computers human behaviour students“ (in Deutsch; ca. 4.200 Treffer)

Ergiebiger ist die englischsprachige Suche (ca. 370.000 Treffer)

Es geht um Studien zur Auswirkung des Computergebrauchs auf das Sozialverhalten und die Psyche. Im Hinterkopf habe ich wohl das Bedürfnis zu erfahren, wie sinnvoll der Computergebrauch beim Lernen ist. Es ist bekannt, dass es dazu keine eindeutigen Ergebnisse gibt (nichts Evidenzbasiertes!). Deshalb die etwas weiter gefasste Suchfrage.

Was da alles erforscht wird, ist beeindruckend. Die psychischen und sozialen Folgen der Facebooknutzung, fördert die Nutzung Ängste und Depressionen? Immer wieder gerne: Gender. Hier ein paar Beispiele:

  • Geschlechtsspezifische Computernutzung in China und in Groß-Britannien, ein interkultureller Vergleich
  • Verringert sich durch Laptops in der Schule der Gender-Gap in der Computernutzung?
  • Frauen mit einer hohen Instrumentalität (Maskulinität) im
    Selbstkonzept haben positivere Einstellungen gegenüber Computern
  • Hängt die Nutzung von Navigationsgeräten im Auto vom Alter ab?
  • Internetnutzung und Einsamkeit
  • Konformitätseffekte bei Facebook

Zum besseren Lernen mit Computern habe ich beim Überfliegen einiger Seiten nichts gefunden, dafür aber zwei Texte von Prof. Manfred Spitzer (Autor von „Digitale Demenz“):

  • Eine kleine Replik auf seine Kritiker.
  • Wie lernt der Mensch? Mentale Stärke gegen Digitale Demenz (Leseempfehlung: pp 8-14, ab „Mediennutzung in der Kindheit“)

Digitaler Burnout?

Ein weiterer Versuch, ohne Digitalisierung in der Schule (zumindest in Grundstufe und SI) auszukommen: Die London Acorn School. Auch Fernsehen und Smartphones sind verboten und in den Ferien gilt das alles auch. Das erinnert an die Waldorf-Schulen.

Die britische Schulinspektion ist hoch zufrieden („Outstanding“). Trotz des hohen Schulgeldes sind es auch die Eltern, schreibt der SchulSpiegel.

Der Schweizer Digital-Papst Beat Mummenthaler, auf dessen Webseiten ich sonst viele interessante Hinweise finde, lobt das Buch des Informatikers Alexander Markowetz, Digitaler Burnout. Zwar hat er es noch nicht richtig gelesen, aber ihm gefällt, dass Markowetz das rigide Urteil von Manfred Spitzer über die Verheerungen, die die Digitalisierung in unseren Gehirnen anrichte, ablehnt. Wenn er es richtig gelesen hätte, hätte er feststellen können, dass Markowetz gar nicht so weit von Spitzer entfernt ist.

So richtig beeindruckt ist keiner der Rezensenten, die ich gefunden habe von Markowetz´Buch: Zu allgemein, zu wenig Forschungsbericht, nette Tipps wie kein Smartphone im Schlafzimmer und eine Armbanduhr tragen, statt die Uhrzeit ständig im Handy zu lesen.

Da ist mir Spitzer schon lieber. Auch bei ihm gibt es keine Forschungsergebnisse, die seine Thesen überzeugend belegen, aber seine Hypothesen klingen plausibel und sollten nicht vorschnell verworfen werden.

Konzentration statt Multitasking

Es ist nicht so, dass ich den Spiegel als besonders wichtige Lektüre betrachte. Mir steckt zu viel Meinungsjournalismus darin. Aber manchmal hat er auch recht. Das Titelthema der Ausgabe 11/2015 heißt „Konzentration“. Ich hätte es mir schon früher gewünscht. 

Wie kommt es zu dem Hype, dass Multitasking etwas Tolles sei? Wenn man sich auf eine Sache konzentriert, kommt mehr dabei heraus. Wer dem gesunden Menschenverstand nicht traut, sollte wenigstens diesen Artikel lesen.

Verriss für Computerhirne

Der Mathematiker und Informatiker Alain Turing erwartete schon vor 15 Jahren, dass Computer denken können. Jetzt sagt der Informatiker David Gelernter, dass man diese Idee endlich begraben sollte. Wenn das menschliche Gehirn wie ein Computer funktionierte, wären wir alle Zombies.

Zwar kann man einen Computer mit gigantischen Informationsmassen füttern – Was ja durchaus Sinn macht – , aber ein Gehirn wird aus ihm nicht.

Computer haben eine „Meta-Funktion“

Alan Cooper hat Visual Basic ersonnen. Er leitet eine Software-Firma und schreibt Bücher. Seine Meinungen sind oft unbequem:

„Fragt um Gottes willen nicht die User, was sie haben wollen, sie wissen es nicht. Software schreiben ist etwas für Experten. Im Kindergarten käme auch niemand auf die Idee, immer das zu tun, was die Kinder wollen. Die Kinder wollen Eis und Bonbons. Stattdessen kriegen sie gesunde Sachen.“ (Quelle: Youtube)

Und:

Computer haben eine ´Meta-Funktion`: Eine unvorhersehbare Option, die User beiläufig hervorrufen, mit einem ganz normalen Mausklick.“ (Alan Cooper, The Inmates are Running the Asylum. Why High Tech Products are Driving Us Crazy and How To Restore the Sanity)

DNA-Code als langfristiges digitales Archiv?

Mindestens 10.000 Jahre haltbar, kein Stromverbrauch, minimale Fehlerquote. So urteilen Forscher über die Aussicht, digitale Daten als DNA-Code zu speichern. Erste Versuche waren erfolgreich. Bis die Nutzung wirtschaftlich Sinn macht, wird noch ein Jahrzehnt vergehen.

Siehe Spiegel-online vom 22. August 2012

Bessere Noten durch Blended Learning?

Lernen mit Computern ist anscheinend doch der bessere Weg? Zumindest scheint es in einer Charter School in Arizona zu gelingen, die den programmatischen Namen „Carpe Diem“ trägt. (Aus einem Horaz-Gedicht: Nutze den Tag! Bei Wikipedia erfahre ich, dass die gängige deutsche Übersetzung den Sinn nicht trifft. Es gehe um das Genießen jedes einzelnen Tages angesichts der kurzen Lebensspanne. Das wiederum trifft wohl nicht das Schulprogramm.)

Charter-Schools sind private Schulen, die vom Staat finanziert werden. Sie garantieren vertraglich (Charter) bestimmte Ergebnisse: z. B. keine Drop-Outs oder gute Testergebnisse. Diese Privatschulen können leichter innovative Konzepte umsetzen als Staatsschulen.

Carpe Diem hat in kürzester Zeit einen oberen Platz im Ranking der Schulen in Arizona eingenommen und gehört zu den 10 besten Charter Schools des Staates, im Mathematiktest für die 6. Klassen liegen sie auf Platz 1. Fast die Hälfte der 266 Schüler/-innen stammt aus sozial schwachen Familien. (Das wird abgeleitet aus der Zahl der Schüler, die das Mittagessen nicht oder nur teilweise selbst bezahlen dürfen.

Der Schulbetrieb ist an nur vier Tagen, do – fr. Fünf Lehrer/-innen und vier Hilfskräfte bilden das Kollegium.

Photo by Nick Pandolfo

Mathematikunterricht findet im Großraum mit Einzelkabinen statt (s. Foto). Die mathematischen Lernprogramme sind auf den einzelnen Schüler zugeschnitten. Stärken und Schwächen werden erfasst und danach richtet sich der Lernweg. Ähnlich wird bei Lesen und Schreiben verfahren. Den Content für Mathematik, Muttersprache, Naturwissenschaft und Sozialkunde liefert die Firma Education 2020.

Die Hälfte des Schultages sitzen die Schüler in ihren Carrels. In der zweiten Hälfte wird viermal in Kleingruppen zu bestimmten Themen gearbeitet und „kritisches Denken“ geübt. Das Lernen in Projekten soll ausgeweitet werden.

Die Schulleitung betont, dass die Art des Unterrichts vor allem für hoch-motivierte, diszipliniert lernende Schüler günstig sei. Die Schüler selbst sagen, dass es anstrengend sei. Sie schätzen aber die gute Betreuung und das auf jeden Einzelnen zugeschnittene Lernprogramm. Die Zahl der Aussteiger, die an der Schule nicht zurecht kommen, ist relativ hoch. Andererseits gibt es Schüler, die das Highschool-Pensum schneller schaffen oder zusätzlich Kurse am College belegen.

Die Kritik: Das Curriculum sei auf das Bestehen der Abschlusstests hin programmiert und die musischen Fächer kämen zu kurz.

Nach einem Hinweis von Prof. David Loertscher auf einen Bericht im Hechinger Report

Computersozialisation

Aus dem Interview mit einem Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses:

„Der Computer hat mir Erfolgserlebnisse beschert, außerdem erspart er mir zunächst mal die anstrengende zwischenmenschliche Interaktion. Es gab für mich nichts Schöneres, als allein zu sein mit der Technik.“

„Waren Sie nicht einsam als Jugendlicher?“

„Meistens schon. Irgendwann habe ich dann andere Nerds und Freaks getroffen. Da konnte man sich austauschen, es gab ein System gegenseitiger Anerkennung. Mein liebster Partner aber war der Computer, niemand kann Dir ein positiveres Feedback geben. Ich schreibe etwas, und es funktioniert – das ist phantastisch. Die Maschine betreibt eindeutige Kommunikation. Das ist ganz toll im Vergleich zu Menschen, gerade in der Pubertät.“

Im Spiegel Nr. 30/23.7.12

Horizon-Report 2012

Auf einen früheren Horizon-Report hatte ich schon einmal hingewiesen.

Was ich 2012 davon lese, liegt für mich irgendwo zwischen Kartenlegen und Ratingagenturverlautbarungen. Prof. Mummenthaler scheint das, zumindest partiell,  ähnlich zu sehen.

Schlüsseltrends laut Horizon: Mehr Tabletcomputer, mehr cloudcomputing, mehr online learning, mehr aktives Lernen, hybrides L., problemorientiertes L [challenge-based].

Herausforderungen laut Horizon: Ähnlich sensationell

Welche Technologien sind im Auge zu behalten?: Tablets, Apps für Mobilgeräte, Internet der Dinge (gemeint wahrscheinlich: Internet im Kühlschrank, im Auto, der Armbanduhr usw. ), Lernspiele, Computersteuerung durch Gesten [Datenhandschuh]).

(via netbib)

Schule macht nicht fit für die Zukunft

Was Schule alles nicht lehrt, füllt Bücher. Ein amerikanischer Futurologe hat jetzt  Kompetenzen genannt, die Schüler/-innen dringend beygebracht werden müssten, damit sie lebenstüchtig würden.

1.) Communication Management

Amerikanische Schüler/-innen senden und empfangen, so haben Wissenschaftler/-innen gezählt, monatlich über 3000 sms

Mediziner beobachten Erschöpfungszustände bei jungen Menschen, die das Handy nie ausschalten, mit ins Bett nehmen, die stundenlang sehnsüchtig darauf warten, dass es vibriert. Sie haben Angst, etwas nicht mitzubekommen oder befürchten, nicht angerufen zu werden.

Ein hilfreiches Kommunikationsmanagement (anscheinend ist nur diese Art von Kommunikation für den Futurologen relevant) müsse die Schule unterrichten.

2.) Reputation Management

57% der erwachsenen US-Internetnutzer haben sich schon gegoogelt, um zu sehen, was über sie im Internet zu finden ist. Die Zahl der jüngeren, die das machten, sei, entgegen der Volksmeinung, noch größer.

Auch das müsse unterrichtet werden.

3.) Privacy Management

Das angesehene Meinungsforschungsinstitut Pew, auf das sich der Zukunftsforscher bezieht, hat herausgefunden, dass 70% der U30-Social-Networker den Zugang zu ihren Informationen einschränken. Bei den älteren Herrschaften (50 -64 Jahre) wären es nur 50%.

Das Abwägen von Privat- und Offenheit sei eine unverzichtbare Zukunftskompetenz.

Müsste man, angesichts der Befunde, nicht eher Seniorenkurse an Volkshochschulen machen als ein neues Schulfach einführen?

4.) Information Management

12 Stunden täglich konsumieren Amerikaner Information (TV, Radio, Computer, Telefon, Musik usw.

Wie kann man diesen Input geschickter nutzen lernen? Und das müsse man in einer globalisierten Gesellschaft.

5.) Opportunity Management

Wer in USA 30 wird, habe im Durchschnitt 11 Jobs bis dahin ausgeübt. In 10 Jahren, so sagt der Futurologe voraus, werden es 200 bis 300 Projekte sein. Projekte würden Lebensanstellungen weitgehend ersetzen.

Vor allem die Digitalisierung trage dazu bei. Solche Job-Gelegenheiten erblickten überall und ständig das Licht der Welt. Dazu brauche man die Kompetenzen des Findens, Auswählens, des richtigen Davongebrauchmachens (capitalize).

6.) Technology Management

Welche neuen Geräte sollten wir beachten, welche nicht? Wir definieren uns inzwischen durch den Gebrauch von Technologie und brauchen sie in unserem Alltag.

Leider seien es bisher nur die Insider und die Marketingleute, die das Sagen hätten.

Aber es geht nicht nur um die jeweils neuesten Geräte, sondern auch darum, wie wir sie nutzen.

(Da hätte ich schon einen Merksatz für ein Lernplakat: „Im Zug nicht das ganze Abteil unterhalten, wenn ich telefoniere.“)

7.) Relationship Management

Beziehungen in digitalen sozialen Netzwerken gestalten sich anders als im realen Leben. Die digitalen Beziehungen beeinflussen generell das Zusammenleben und das muss man verstehen lernen, um zukunftsfähig zu werden.

(Die achte Kompetenz lasse ich weg. Es wird zu lang.)

Zwei schon traditionelle Kompetenzen, Zeitmanagement und Umgang mit Geld müssten geupdated werden.

Das Original hier (futuristspeaker.com)
Für das Informationsmanagement gibt es schon Trainingskurse und Trainer/-innen. Das könnte m. E. das Vorbild für die fehlenden Curricula und die Kompetenzvermittler/-innenausbildung abgeben.

Nachtrag: