Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) ist unterhaltsam, oft auch informativ. Manchmal ist sie fast so dick wie die Sonntagsausgabe der New York Times. Genau das richtige für ein gemütliches Sonntagsfrühstück.
Der Aufmacher macht mich neugierig: „Die kleine Bücherei stirbt“. In der Unterzeile ist davon die Rede, dass es neue Ideen gäbe. Die Länder reagierten mit Gesetzen auf das Büchereisterben. Ist mir da etwas entgangen? Sogleich beschleicht mich aber die Ahnung: Die Journalistin Florentine Fritzen meint Bibliotheksgesetze.
So ist es denn auch. Frau Fritzen behauptet in der Tat, dass Bundesländer Bibliotheksgesetze verabschiedet hätten, um die Gemeinden stärker in die Pflicht zu nehmen. Vielleicht hat sie das auch aus ihren Gesprächen mit Bibliotheksfunktionären mitgenommen. Nun ist das so eine Sache, wenn Länder Kommunen in die Pflicht nehmen wollen. Dem steht das Konnexitätsprinzip entgegen: Wenn ein Landtag den Kommunen etwas auferlegt, muss das Land dafür zahlen.
Schon im Kommentar zum Hessischen Bibliotheksgesetz stand, dass es keine Kosten verursache und im Gesetz selbst stand, was bisher schon der Fall war: Dass das Land kommunale Bibliotheken nach Maßgabe der Haushaltsmittel unterstütze.
Insofern sind Bibliotheksgesetze Luftnummern. Das beklagen inzwischen auch Bibliothekare. Dabei hatte ihr Verband dbv die Gesetzeskampagne mit einem Musterentwurf losgetreten. Frau Fritzen kennt das Konnexitätsprinzip, aber ein bisschen würden die Länder die Kommunen schon in die Pflicht nehmen wollen. Außer der üblichen Gesetzessprache: „Bibliotheken sind…“ und „Bibliotheken sollen … sein“ fehlt aber m. E. jegliches in die Pflicht nehmen. Es wäre auch ein zweifelhaftes Unterfangen, den Gesetzgebungsprozess für Appelle zu missbrauchen.
Vielleicht hat sie ein Bibliotheksgesetz gar nicht in die Hand genommen. Denn ihr ist einiges Ungereimte entgangen. So etwa, dass Lesungen und Bibliotheksführungen Gesetzesrang erhielten, dass Bibliotheken für Medien- und Informationskompetenzvermittlung zuständig wären, teilweise explizit auch für Schulen und die Berufsbildung.
Wie die kleinen Büchereien, deren Sterben sie bedauert, all das und alles Weitere, was sie noch ins Pflichtenheft moderner Bibliotheken hineinschreibt, einlösen sollen, lässt sie offen. Immerhin begrüßt sie die neuen städtischen Zentralbibliotheken, die Flüchtlinge willkommen hießen, 3D-Drucker anböten und in denen Senioren die Smartphonenutzung erklärt würde.
Was Schulbibliotheken angeht, sind wir Kummer gewöhnt. In manchem Bibliotheksgesetz sind sie willkürlich, unsystematisch und gar widersprüchlich verstreut zu finden, in Frau Fritzens Text existieren sie überhaupt nicht: In Grundschulen lernten Schüler Bücher kennen, Jugendliche würden Stapel in der Stadtbücherei ausleihen.
Siehe im Basedow1764 auch das Stichwort „Bibliotheksgesetz“!