Die hessischen Schulbibliotheken des Jahres 2011

In drei Bundesländern findet 2011 der Wettbewerb um die kreativste Schulbibliothek statt: Hessen, Berlin und Brandenburg. Die Absicht ist, auf Schulbibliotheken und ihr Potential für gute Schule und besseren Unterricht aufmerksam zu machen.

Schulbibliotheksmenschen fördern nahezu täglich das Lesen. Wenn das Tivoli der prominenten Leseförderer, für die die Scheinwerfer angehen und der rote Teppich ausgerollt wird, längst wieder geschlossen ist, gehen die Aktionen in den Schulbibliotheken weiter: Antolin, Vorlesewettbewerb, Lesepatenschaften, Buchvorstellungen, Lesungen, Lesenächte, freie Lesezeit, Lesetagebücher, Leseportfolios, Recherchetraining, Hausaufgabenbetreuung.

Die Wettbewerbsbeiträge der hessischen Schulen aus den Jahren 2009 und 2011 zeigen, was alles stattfindet, wie viel Arbeit darin steckt. Sie lassen aber auch den Spaß an der Produktion der Präsentation erahnen und am Ende das Staunen darüber, was man alles zu bieten hat!

Die Botschaft des Wettbewerbs kommt an: Die Schulbibliotheken, Schulmediotheken, Informationszentren stehen jetzt auf der Schulhomepage. Der Wettbewerbsbeitrag macht die Bibliothek in der Schulgemeinde sichtbarer.

Hier eine Auswahl besonderer Akti­vitäten von hessischen Wettbewerbsschulen:

  • Lesepaten Oberstufe – Grundschule
  • Harry-Potter-Nacht
  • Das Kollegium liest vor, der Schulleiter liest vor
  • Die „Leseoase“ ist aufgeteilt in Fantasie-, Denker-, Konzentrations- und Wissensecke
  • Lesestelen auf dem Schulhof (Säulen mit Displays)
  • Lesemarathon
  • Lesefrühstück
  • Vorlesen im Krankenhaus
  • Monatsrätsel
  • Kuchen in Buchform backen
  • Internetauftritt wird von einer 6. Klasse gestaltet
  • Abitur-Regal
  • „Sofasektor“
  • Individuelle Beratung für Leser/-innen
  • 10. Schuljahr organisiert eine Autorenlesung
  • Zeitungswand
  • Intensive Kooperation mit der Stadtbücherei
  • „Schubi“ auf dem Schulhof
  • Feste tägliche Lesezeiten in den Klassen
  • Inszenierte Buchvorstellungen, Bücher-Talkshows
  • Bilinguale Lesungen (türkisch, serbisch, italienisch, englisch …)
  • Jugendliterarisches Bistro
  • „Leseband“: Vorlesen an öffentlichen Orten in der Gemeinde

Laptops und Smartboards sind nichts Besonderes mehr, WebOPACs gibt es schon in 80 hessischen Schulen und demnächst einen gemeinsamen Hessen-OPAC.) Auch die Aufgaben­beschreibung im Schulprogramm, im schulischen Lese- oder Förderkonzept wird zur Regel.

Öffentlichkeitsarbeit für Schulbibliotheken

Der Wettbewerb ist Öffentlichkeitsarbeit für Schulbibliotheken, auch innerhalb der Schule. Es geht nicht um Evaluation und Ranking. Daher wird auch kein Kriterienkatalog abgearbeitet und Einzelaspekten ein Prozentanteil zugeordnet. Es wird auch nicht nach Schulformen unterschieden, obwohl es Gründe dafür gäbe. Grundschulen entwickeln fanta­sie­volle Leseförderungsprojekte. Gymnasien realisieren anspruchsvolle Literaturprojekte. Erfreulich ist, dass die Teil­nehmer aus verschiedenen Schulformen kommen und das sogar ziemlich ausgewogen.

Beim Wettbewerb um die Schulbibliothek des Jahres sollten sich alle als Gewinner betrach­ten, auch wenn nur eine Schulbibliothek den Preis erhält. Es gewinnen alle Schul­biblio­theken, weil deutlich wird, welchen großartigen Beitrag sie zur Qualität von Schule und Unterricht leisten.

Jetzt ist die Entscheidung über die Preisträger gefallen. Es wurden zwei 1. Preise à 1000 € durch Losentscheid ermittelt.

Bei der hohen Qualität aller Einsendungen schien die Auswahl eines Preisträgers und die Ermittlung einer Rangfolge als nahezu unmöglich. Der LAG-Vorstand müsste abwägen zwischen Schulbibliotheken mit hauptamtlichen Mitarbei­terinnen und den von einer Eltern­gruppe organisierten, zwischen täglichen und gelegentlichen Öffnungszeiten, zwischen einem Bestand von 600 und von 20000 Medien, zwischen einem Gymnasium und einer Grund­schule. Die Meßlatte war, bei Beachtung unterschiedlicher Rahmenbedingungen (Schul­typ, Schulgröße, Kooperationen), was erreicht werden kann und was erreicht wurde. Besonders wichtig dabei war die Integration der Bibliothek in den Schul- und Unterrichts­betrieb. Indikatoren für diese Integration waren auch das Vorhandensein und die Auffind­barkeit der Schulbibliothek auf der Schulhomepage.

Die beiden Gewinner:

Steinwaldschule Neukirchen (IGS): Die Mediathek verfolgt ein ambitioniertes medienpädagogisches Konzept, das nicht nur die Bereitstellung von Medien umfasst, sondern auch Produktion und Präsentation. Ein wichtiges Arbeitsinstrument ist die digitale Schultasche, ein Stick, auf dem jeder Schüler Software findet, mit der er in der Mediathek und am häuslichen Computer arbeiten kann. Daneben wird die klassische Leseförderung nicht vernachlässigt: Es gibt eine Lesepause, in der aus Jugendbüchern vorgelesen wird.

Rudolf-Steiner-Schule Dietzenbach (K-12): Die Schule macht keinen Hehl aus ihren beschränkten Möglich­keiten: Lesen auf dem Flur, die Bücher lagern teilweise in Kisten und Schränken. Bald kann man in einen Anbau umziehen. Die Freude ist den engagierten Eltern anzusehen. Und dann steht ein leibhaftiger Schulleiter in dem leeren Anbau und schildert, was dort zukünftig stattfinden wird. Das alles als mutiger Videoclip.

Zur Preisübergabe lädt die Hessische Kultusministerin Dorothea Henzler am 5.5. ins Kultusministerium ein.

Die beiden Gewinner werden benachrichtigt. Die 12 „zweiten Preisträger“ erhalten als Dankeschön fürs Mitmachen die „Fantasy-Bibliothek“  (Sekundarstufenschulen) oder die „Kinderhörbücher-Kassette“ (Grundschulen) der Süddeutschen Zeitung.

Die Dokumentation des Wettbewerbs (pdf, 500kb)

Update 15.5.11: Es war eine freundliche Geste der Ministerin, selbst den Preis an die beiden Gewinnerschulen zu überreichen. Die Schulbibliotheken werden auf der Arbeitsebene des Ministeriums schon seit Jahrzehnten nicht vernachlässigt, bei aller Betonung der gesetzlichen Nichtzuständigkeit (In Stein gemeißelt ist die ja nun auch nicht gerade.) Aber dass die Ministerin einlädt, ist schon etwas Besonderes.

Basedow1764 gießt aber gleich wieder Wasser in den Wein:

Für die Ministerin ist die Schulbibliothek eine Institution der Leseförderung. Dort werden Bücher ausgeliehen und gelesen. Dass sie darüber hinaus eine Rolle als Lernort haben, als Ort der Vermittlung von Medien- und Recherchekompetenz ist über Fachöffentlichkeit hinaus wenig bekannt. Daran vermochte auch die LAG Hessen, die seit einem Vierteljahrhundert Schulbibliothek als Wissenszentrum, Lernort und pädagogische Werkstatt praktiziert und propagiert, nichts zu ändern. Wenn wir im Kopf eines Ministers waren, war die Legislaturperiode vorbei und ein neuer kam.

Dabei ist gerade die Steinwald-Mediathek ein hervorragendes Beispiel für ein Medien- und Informationzentrum.

Da müssen wir, bei aller Dankbarkeit für die Veranstaltung, noch mehr Überzeugungsarbeit leisten.

Ein Gedanke zu „Die hessischen Schulbibliotheken des Jahres 2011

  1. Cora Ginzel

    Da haben Sie, lieber Herr Schlamp, ja so ein wahres Wörtchen gesprochen und ich bedanke mich bei Ihnen für diesen kleinen Nachtrag.
    Bei aller überschwenglichen Freude und aller Demut in ehrenwerten Amtsräumen und allem gehörigem Respekt gegenüber der Ministerin und sämtlichen Amtsträgern – so war es doch ernüchternd, zu erleben, dass wir als Schulbibliothek offensichtlich nur im Zusammenhang mit dem Medium „Buch“ und der Leseförderung gedacht werden können. Wie schade, wo wir doch gerade mit unserem Wettbewerbsbeitrag darauf aufmerksam machen wollten, dass wir mehr sind und mehr können.
    Nunja, Schwamm drüber über diese kleine Wissenslücke. Auf, an die Arbeit! Der Lorbeeren sind nun genug geerntet – Adel verpflichtet bekanntlich. Es warten derer so viele Aufgaben und so viel Öffentlichkeitsarbeit, dass man ja gar nicht nachkommt :-).
    Herzlichen Dank für all die tolle Unterstützung dabei!

    Cora Ginzel
    P.S.: Woher wissen Sie, dass unsere Stein“wald“schule oben auf einem Berg liegt, zu dem sich sämtliche Schulangehörigen jeden Morgen hinaufquälen? Oder wie sind Sie auf Stein“berg“ gekommen? 😉

    Antwort

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