Wer vertritt eigentlich Schulbibliotheken?

Im Zusammenhang mit dem vorhergehenden posting wird mir wieder einmal bewusst, dass die Schulbibliotheken keine Interessenvertretung haben. Das fällt immer wieder auf, bei medienpädagogischen Kongressen, bei bildungspolitischen Aktionsbündnissen, bei Gesetzeshearings, bei Enquetekommissionen, bei Gutachte(r)n des Schavan-Ministeriums.

Ich weiß, es gibt Interessenverbände, die Schulbibliotheken immer mal wieder erwähnen. Aber wir haben z. B. beim Hearing zum hessischen Bibliotheksgesetz erlebt, dass außer der LAG niemand konkrete Vorschläge machte. Ein Bibliotheksverband beschränkte sich auf den lauwarmen Satz, man solle die Schulbibliotheken nicht vergessen, ein anderer plädierte dafür, diese aus dem Gesetz herauszulassen, schließlich werde Leseförderung und Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz vom Bildungspartner Bibliothek betrieben. Bei der Bundestags-Enquetekommission reichen Verbände dicke Papiere ein, posten und kommentieren auf den einschlägigen Webseiten. Ihr Interesse ist selten mit dem der Schulbibliotheken kongruent.

Das beste Beispiel ist der Deutsche Bibliotheksverband dbv, der die Interessen der öffentlichen Bibliotheken und ihrer Bibliothekare vertritt. Man will das Thema nicht aus der Hand geben. Man ist nicht sonderlich erbaut, wenn sich Lehrer engagieren und dem Thema Beachtung verschaffen. Man fährt, wie in den letzten Jahren zu beobachten war, einen Schlingerkurs. Bibliothekare (darunter auch ein Vorsitzender der dbv-Expertenkommssion „Bibliothek und Schule“) empfehlen, wie in Brandenburg und NRW geschehen, den Schulträgern, kein Geld für Schulbibliotheken auszugeben. Die Arbeitsgruppe, die den dbv-Vorstand berät, heißt nicht „Schulbibliothek“, sondern „Bibliothek und Schule“. Ich schätze einige Menschen darin sehr, aber objektiv betrachtet, muss sie einen Spagat hinlegen. Momentan erfreut sich das Standbein „Schulbibliothek“ in dieser Arbeitsgruppe wieder einmal großer Sympathien. Die Gruppe kann natürlich nicht auf oder außerhalb der Verbandsebene agieren, sie ist Beratungsgremium eines Verbandsvorstandes.

Dass man manchmal nicht recht zu erkennen vermag, wer zu wem in dem Beziehungsgeflecht Kommission, dbv-Vorstand, Bibliotheksdienstleister ekz gehört und wer wessen Flyer und Broschüren verteilt, macht die Sache nicht einfacher.

Eine unabhängige Institution wäre wünschenswert. Die Stiftung Lesen hat schon vor zwei Jahrzehnten abgewunken. In ihrem Stiftungsrat sitzen eben auch Verbände. In Bildungspolitik, Schulverwaltung und Erziehungswissenschaft scheint die Auffassung zu herrschen, dass die Schulbibliothek mit ihnen nichts zu tun hätte. Wenn wir mit den bildungspolitischen Sprecher/-innen der Parteien reden wollen, landen wir schon mal bei deren kultur- bzw. wissenschaftspolitischen Pendants, weil jene im Wort „Schulbibliothek“ nur „Bibliothek“ herausgelesen haben und dann unzuständig zu sein glauben. Wir wurden im Hessischen Landtag problemlos zum Bibliotheksgesetzhearing eingeladen, aber die Einladung zum wichtigeren Hearing für die Schulgesetznovelle kam, trotz Erinnerung, nicht.

Als kleiner regionaler Verband können wir das hier beklagte Defizit nicht aus der Welt schaffen. Wir haben immerhin erreicht, dass auch die Schulbibliothekstage im Kalender von schulmediothek.de aufgeführt werden, die nicht von Bibliotheksverbänden oder ihnen nahestehenden Einrichtungen veranstaltet werden.

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