Schule macht nicht fit für die Zukunft

Was Schule alles nicht lehrt, füllt Bücher. Ein amerikanischer Futurologe hat jetzt  Kompetenzen genannt, die Schüler/-innen dringend beygebracht werden müssten, damit sie lebenstüchtig würden.

1.) Communication Management

Amerikanische Schüler/-innen senden und empfangen, so haben Wissenschaftler/-innen gezählt, monatlich über 3000 sms

Mediziner beobachten Erschöpfungszustände bei jungen Menschen, die das Handy nie ausschalten, mit ins Bett nehmen, die stundenlang sehnsüchtig darauf warten, dass es vibriert. Sie haben Angst, etwas nicht mitzubekommen oder befürchten, nicht angerufen zu werden.

Ein hilfreiches Kommunikationsmanagement (anscheinend ist nur diese Art von Kommunikation für den Futurologen relevant) müsse die Schule unterrichten.

2.) Reputation Management

57% der erwachsenen US-Internetnutzer haben sich schon gegoogelt, um zu sehen, was über sie im Internet zu finden ist. Die Zahl der jüngeren, die das machten, sei, entgegen der Volksmeinung, noch größer.

Auch das müsse unterrichtet werden.

3.) Privacy Management

Das angesehene Meinungsforschungsinstitut Pew, auf das sich der Zukunftsforscher bezieht, hat herausgefunden, dass 70% der U30-Social-Networker den Zugang zu ihren Informationen einschränken. Bei den älteren Herrschaften (50 -64 Jahre) wären es nur 50%.

Das Abwägen von Privat- und Offenheit sei eine unverzichtbare Zukunftskompetenz.

Müsste man, angesichts der Befunde, nicht eher Seniorenkurse an Volkshochschulen machen als ein neues Schulfach einführen?

4.) Information Management

12 Stunden täglich konsumieren Amerikaner Information (TV, Radio, Computer, Telefon, Musik usw.

Wie kann man diesen Input geschickter nutzen lernen? Und das müsse man in einer globalisierten Gesellschaft.

5.) Opportunity Management

Wer in USA 30 wird, habe im Durchschnitt 11 Jobs bis dahin ausgeübt. In 10 Jahren, so sagt der Futurologe voraus, werden es 200 bis 300 Projekte sein. Projekte würden Lebensanstellungen weitgehend ersetzen.

Vor allem die Digitalisierung trage dazu bei. Solche Job-Gelegenheiten erblickten überall und ständig das Licht der Welt. Dazu brauche man die Kompetenzen des Findens, Auswählens, des richtigen Davongebrauchmachens (capitalize).

6.) Technology Management

Welche neuen Geräte sollten wir beachten, welche nicht? Wir definieren uns inzwischen durch den Gebrauch von Technologie und brauchen sie in unserem Alltag.

Leider seien es bisher nur die Insider und die Marketingleute, die das Sagen hätten.

Aber es geht nicht nur um die jeweils neuesten Geräte, sondern auch darum, wie wir sie nutzen.

(Da hätte ich schon einen Merksatz für ein Lernplakat: „Im Zug nicht das ganze Abteil unterhalten, wenn ich telefoniere.“)

7.) Relationship Management

Beziehungen in digitalen sozialen Netzwerken gestalten sich anders als im realen Leben. Die digitalen Beziehungen beeinflussen generell das Zusammenleben und das muss man verstehen lernen, um zukunftsfähig zu werden.

(Die achte Kompetenz lasse ich weg. Es wird zu lang.)

Zwei schon traditionelle Kompetenzen, Zeitmanagement und Umgang mit Geld müssten geupdated werden.

Das Original hier (futuristspeaker.com)
Für das Informationsmanagement gibt es schon Trainingskurse und Trainer/-innen. Das könnte m. E. das Vorbild für die fehlenden Curricula und die Kompetenzvermittler/-innenausbildung abgeben.

Nachtrag:

7 Gedanken zu „Schule macht nicht fit für die Zukunft

  1. Pingback: Digitale Schulbücher | Rangkämpfe um den Platz im Klassenzimmer « Medien im Mathe-, Informatik und Sportunterricht

  2. DonBib

    Liebe Frau Wolf,

    ich kämpfe aktuell zumeist damit eine Definition für meine Version des Begriffs „Bildung“ zu finden, damit ich Bibliotheken da irgendwo einordnen kann. Was mir aber dabei auffällt, der Begriff Kunde oder Kundin wird darin nicht vorkommen, weil er meinem Bildungsbegriff widerspricht. So weit bin ich schon.

    Ich würde gerne eine Neubestimmung des Begriffs Bibliothek und damit einhergehend des Berufsstandes wagen. Die fortschreitende Professionalisierung der bibliothekarischen Tätigkeiten wird es zukünftig nicht mehr erlauben „nur“ Bibliothekarin oder Bibliothekar zu sein. Was soll denn dieser Beruf zukünftig sein? Ich gestehe da eine persönliche Abneigung gegen diese Form von Expertismus ein. Gleichzeitig Experte für die verantwortliche (z.B. auch in datenschutzrechtlichen Fragen) Nutzung neuer Medien zu sein, für die Vermittlung von Recherchekompetenzen (ich tue mich schwer, Recherchekompetenzen schon mit dem Wort Informationskompetenz gleichzusetzen), für die Förderung von Lesekompetenz (was ist das überhaupt und leisten Bibliotheken so etwas wirklich?), Fachmann oder -frau für Öffentlichkeitsarbeit, Haushaltswesen etc., wie ist das möglich? Die Ansprüche an diese Teilbereiche sinken ja offensichtlich nicht, ganz im Gegenteil. Insofern ist es aus meiner Sicht daran zu diskutieren, ob das bibliothekarische Studium wie es jetzt stattfindet wirklich sinnvoll ist.

    Daher weht der Wind, der mich nach mehr Expertinnen und Experten im bibliothekarischen Berufsstand rufen ließ.

    Antwort
    1. Sabine Wolf

      Lieber DonBib,

      mir stellt sich als erstes die Frage, ob Bibliotheken überhaupt bei der Bildung angesiedelt oder ob sie nicht vielmehr mit der reinen Information in Verbindung gebracht werden sollten. Ich assoziere mit dem Begriff Bildung – räumlich gesehen – eine Schule, dann mit etwas, was jeden Menschen begleitet und ihn prägt – ein Leben lang, in Anlehnung an das „Life long learning“.
      Sicher gehören auch Bibliotheken dazu. Diese stellen für das Lernen und die Bildung die notwendigen Informationen bereit, prägen dadruch also auch. Sie unterstützen (die ÖB als Bsp.) die BürgerInnen bei Umgang mit der Information, der Bedarfsanalyse, dem Retrieval, der Selektion und Organisation, leisten also ihren Beitrag zur Verbesserung der Infomationskompetenz. Die Recherchekompetenz (das Retrieval, das Suchen der benötigten Informationen) ist nur ein Teil der Informationskompetenz, somit muss es auch nicht gleichgesetzt werden :-).

      Da es nicht das eine bibliothekarische Studium gibt, und jede Hochschule sich andere Schwerpunkte setzt, kann ich jetzt nur für mein Studium an der FH Potsdam sprechen. Dort steht das Management im Vordergrund, zudem ich das Studium sehr techniklastig. Beides hat mir wiederum sehr gut gefallen, so dass ich mich bewußt gegen ein Studium in Köln entschieden habe. Ich sehe mein Studium eher als sehr gute Grundlage für die Arbeit in Bibliotheken an. Es bietet im Anschluss die Chance, sich in der Berufswelt weiter zu qualifizieren, sich für Themenbereiche zu interessieren und dann zu einer „Expertin“ zu werden. Somit denke ich schon, dass Studium sinnvoll ist.

      Wenn ich die Entwicklung der letzten 20 Jahre meiner bibliothekarischen Arbeit betrachte, dann sehe ich heute einen anderen Berufsstand vor mir, als zu den Zeit in der ich angefangen habe. Im Bereich der Technik gab es vieles, was heute selbstverständlich ist, damals gar nicht. Diese Veränderungen gingen und gehen einher mit einer Veränderung des Berufsstandes – was gut ist . Da diese Veränderungen aber nicht nur während des Studiums passieren, sondern ein Leben lang, hat jede/jeder BibliothekarIn die Chance sich somit im Laufe seines/ihres Berufslebens als ExpertIn zu positionieren und sich somit den neuen Herausforderungen zu stellen. Ich konnte mir vor 20 Jahren auch noch nicht vorstellen, dass mich das Themengebiet der „Digitalen Auskunft“ mal so interessieren würde, hat sich aber so ergeben 😉

      Was mich auch interessiert:
      Wie ist denn Ihre Neubestimmung des Begriffs Bibliothek? Welche Experten von außerhalb sollten Ihrer Meinung nach im bibl. Berufsstand zu finden sein?
      Mit besten Grüßen
      SW

  3. Basedow1764 Autor

    Vielen Dank für Ihren Beitrag.
    Ich werde zunehmend ironischer und distanzierter gegenüber dem, was von technokratischen Bildungsreformern und Informations- und Medienwissenschaftlern von Schule und Unterricht gefordert wird. Beiden geht es nicht um Bildung, sondern um Kompetenzen. Befunde, dass der Kompetenzbegriff nicht der Weisheit letzter Schluss ist, gar des Kaisers neue Kleider, gibt es allmählich. (Ich habe im Blog berichtet.)
    Zuletzt hatte ich in Vorträgen gerne das Foto eines Schülers mit iPhone am Ohr benutzt und dazu die Vision skizziert, dass Schule und Bibliothek überflüssig würden. Für alles, was die böten, gäbe es inzwischen eine App. Jetzt entdecke ich gerade – dank des Internets -, dass bei „fortgeschrittenen“ Lehrkräften und Schulbibliothekaren in USA iPhone und iPad in der Tat Unterrichtsalltag sind und es Hunderte von unterrichtstauglichen Apps gäbe.
    Schule wird diesen Wettlauf um den jeweils neuesten Hype nicht gewinnen können: Googlekompetenzkurse, Twitterkompetenzkurse, Facebookkompetenzkurse.

    Leider gelingt es der Pädagogik nicht, einen zeitgemäßen Begriff von Bildung zu liefern, der aufzeigen würde, dass es in der Schule um etwas anderes geht als um Anhäufung auswendig gelernten Wissens, die Sammlung von Kompetenzmodulen oder die Nutzung der jeweils neuesten Produkte der Netzwirtschaft: Nämlich die Bestimmung von Zielen und Inhalten, auch die Reflexion über Methode. Stattdessen hat Klipperts Methodentraining die Schulen überschwemmt.
    M. E. hat zuletzt Hentig versucht („Systemzwang und Selbstbestimmung“) einen Entwurf zu liefern. In Hessen sollte Klafki einmal einen Lehrplan aus obersten Bildungszielen ableiten. Das Projekt war der Landesregierung aber zu teuer und wurde gestoppt. Vielleicht sollte man zu Friedrich Schiller zurückgehen: „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“

    Der vernünftige Ansatz, durch Programmieren lernen die EDV zu verstehen, stand in Hessen ganz am Anfang des Informatikunterrichts. Zu einem Zeitpunkt übrigens von Lehrern eingeführt, als in den meisten anderen gesellschaftlichen Bereichen, in Schulverwaltung allzumal, darüber noch nicht einmal gesprochen wurde. Ich selbst kam allerdings aus der Puste beim Weg von HTML 4 zu php. Erste Zweifel waren mir schon gekommen, als ein unglaublich kompetenter, etwa 30jähriger Trainer bei einem NT4-Admin-Lehrgang erklärte, er fühle sich inzwischen zu alt, sich in die nächste Betriebssystemgeneration einzuarbeiten.

    Antwort
    1. DonBib

      Vielleicht war „programmiere“ letztlich ebenso falsch formuliert. Es ist schon richtig, es wird nichts nutzen immer noch weitere Bereiche zu suchen, die man auswendig lernen kann. Den verantwortlichen Umgang mit eigenen Daten zu lernen ist ja weit mehr als ein bißchen Faktenwissen. Ich frage mich ja, ob man bis zu einem bestimmten Alter überhaupt selbst reflektieren kann, dass das was man gerade von sich online gestellt hat nun für immer(!!!) dort bleiben wird. Mir ist nicht mal bekannt, dass es allen Erwachsenen bewusst ist.

  4. DonBib

    Ich muss ja gestehen, dass ich für große Teile der Auflistung große Sympathien habe. Man muss sich ja tatsächlich fragen, ob es sinnvoll ist so viel Zeit in das auswendig lernen bestimmten Fachwissens zu stecken, wenn z.B. im Studium dann eh wieder ganz von vorne angefangen wird. Ich habe neulich einen Artikel gelesen, den ich leider leider nicht mehr wieder finde, in dem ein englischer Professor fordert man müsse in der Schule programmieren lernen, um überhaupt noch mündiger Bürger in einer (auch digitalen) Demokratie zu sein und vor allem selbstbestimmt zu bleiben. Dahinter stehe ich voll und ganz. Gerade an diesem Wochenende habe ich bei meinem berufsbegleitenden Master wieder beobachten können, dass viele Lehrerinnen und Lehrer noch gar kein Verständnis für Facebook etc. entwickelt haben, zumindest keines das über „wenn alles das benutzen können wir uns nicht verweigern“ hinaus geht. Deswegen fordere ich u.a. auch im bibliothekarischen Berufsstand, dass man endlich davon weg kommt, dass in Bibliotheken nur Bibliothekarinnen und Bibliothekare arbeiten. Viel mehr müssen verschiedenste Expertinnen und Experten dieser Einrichtung zur Verfügung stehen. (sorry für das etwas vom Thema abschweifende zum Schluss)

    Antwort
    1. Sabine Wolf

      Hallo DonBib,
      auch ich hege wie Sie ein großes Verständnis für die Forderungen und habe ähnliche in meinem aktuellen Artikel zum Thema „Schulbibliothek 2.0? Gefällt mir!“ aufgelistet. Was mich aber nachdenklich stimmt, ist, dass Sie fordern, dass auch im bibl. Berufsstand andere ExpertInnen als nur die BibliothekInnen arbeiten müßten – grade die, die ich kenne, verfügen über ein enormes Maß an Informations- und Medienkompetenz und wenden diese äußerst kundenorientiert an… oder sollten Sie etwa eine der wenigen Bibliotheken gefunden haben, die sich dem Web 2.0 immer noch beharrlich widersetzt ;-)?
      Beste Grüße
      SW

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