School Libraries Work!

Die Dokumentation über die Wirkung gut ausgestatteter Schulbibliotheken auf Schülerleistungen ist aktualisiert worden und auf der Website des US-amerikanischen Schulbuchverlages Scholatic zu finden. Seit über 15 Jahren wird untersucht (zuerst: Colorado-Studien, inzwischen in 19 US-Staaten und in Kanada, in über 10.000 Schulen). Die amerikanischen school library media specialists müssen sich nicht mehr als die underdogs des Lehrerzimmers fühlen: Schüler/innen an Schulen mit guten – wohlgemerkt: guten! – Schulbibliotheken schneiden in den nationalen Leistungstests bis zu 20% besser ab als Schüler/innen in Schulen mit weniger guten Schulbibliotheken. Die Forscher haben Kriterien für gute Schulbibliotheken aufgestellt. Auch das sollte man nicht überlesen: Verglichen werden Schulen mit guten und weniger guten Bibliotheken, nicht etwa Schulen ohne Bibliothek.

Noch immer regen sich bei mir allerdings leichte Zweifel, da diese Forschungen so hervorragend zu den Professionalisierungsbestrebungen einer Berufsgruppe passen, die leider bisher in der bibliothekarischen Hierarchie nicht sehr hoch steht und auch in den Lehrerzimmern nicht richtig dazugehören darf. In Deutschland ist diese Berufsgruppe eigentlich nur, quasi exterritorial, in Schulen der EU, den International Schools und den Schulen der US-Armee zu finden. Eine Ausnahme fällt mir doch ein: Die Kollegin Heidemarie Bächreiner-Vogt, Lehrerin und Schulbibliotheksleiterin bringt Schulklassen seit über 15 Jahren Mikro- und Makromethoden, Arbeitstechniken, Rhetorik und Referate schreiben bei. Dass das mal information literacy heißen wird, wussten wir anfänglich nicht. Als wir das Modell Mitte der 90er im Kultusministerium vorschlugen, lächelte man. Dass eine hochbezahlte (Bibliotheks-)lehrerin den Unterricht übernimmt, während der hochbezahlte Deutschlehrer Kaffee trinken geht… Wir argumentierten noch mit Teamteaching, aber es blieb ja bei der Verdopplung der Kosten für die Unterrichtsstunde. Für die deutsche Forderung nach Schulbibliotheken wird es durch die Colorado-usw.-Studien nicht einfacher. Zum einen geht der Trend bei den Vertretern des öffentlichen Bibliothekswesens dahin, sich den Schulträgern als Bildungspartner auch für das Training der Recherchekompetenz (information literacy) in der Stadtbibliothek anzubieten. Zum anderen muss man den Schulträgern, wenn man Investitionen in Schulbibliotheken fordert, ehrlich sagen, dass die 20% Steigerung von Schülerleistungen nur klappt, wenn in den Schulbibliotheken gut ausgebildetes Personal (media specialists, teacher-librarians, reference librarians, documentalistes in Frankreich; alles in Deutschland kaum zu finden) mit den Fachlehrkräften kooperiert. Das macht es noch schwerer, die Schuldezernenten zu überzeugen, denn neue Personalstellen kommen gleich nach der Klimakatastrophe und noch vor steigenden Benzinpreisen.

Um noch einmal auf die oben erwähnte Kollegin zurückzukommen: Das Beibringen von Arbeitstechniken, der kritische Umgang mit Quellen, das Anfertigen von Referaten war eigentlich schon immer Thema der Lehrbücher und Gegenstand von Unterricht gewesen. Wie gut oder schlecht, spielt erstmal keine Rolle. Wenn das jetzt Bibliothekare übernehmen wollen, warum nicht. Das wird richtig voll in den öffentlichen Bibliotheken. Und mancher Lehrer wird froh sein, weil er Referate zwar gerne benotet, aber den Schülern nie beigebracht hat, wie man sie macht. Einer erfolgreichen Strategie für mehr Schulbibliotheken in Deutschland sind jetzt nicht näher gekommen. Ich verfolge mit Interesse und auch etwas Neid die Diskussion in ENSIL zum Thema Professionalisierung. Während im Schulbereich inzwischen jeder Handgriff evaluiert wird, erhöhen die Sozialpolitiker das Kindergeld ohne zu evaluieren, wofür es genutzt wird.