Der Zusammenhang ist nicht beweisbar, aber nach den Tagen des beeindruckenden Schulbibliotheksprojekts habe ich schon den dritten Anruf eines Journalisten, der etwas zum Thema Schulbibliotheken schreibt. Endlich kommen beide Sätze zum Tragen: Tue Gutes und rede darüber!
Etwas betrübt bin ich über einen schon fertigen Text, der von dem Leipziger Schulbibliotheksprojekt handelt. (Zu dem ich keine Informationen beigesteuert habe.) Der Verfasser bezweifelt, dass das, was er gesehen hat, sich 1 zu 1 in die Schulwirklichkeit übertragen lässt. Und er zweifelt, ob das, was er gesehen hat, unbedingt zu den Aufgaben einer Schulbibliothek gehört.
Von den Lehrer/-innen, die auf der Buchmesse Sequenzen von Unterricht in der Bibliothek gezeigt haben bzw. von ihrem Alltag in der Schulmediathek berichtet haben, weiß ich, dass sie keinen „Schaunterricht“ gefakt oder Sonntagsreden gehalten haben. Das, was auf der Messe zu sehen und zu hören war, ist Schulbibliotheksalltag. Sicher nicht überall in deutschen Schulbibliotheken, aber weltweit eine Selbstverständlichkeit.
Ein Grund, warum mir der Stand und der Stundenplan mit den Präsentationen so gut gefiel, war das (fast) vollständige Fehlen dessen, was für einige deutsche Schulbibliotheksexpert/-innen das Wichtigste an Schulbibliotheken zu sein scheint: Die Kooperation mit der Stadtbibliothek.
Das, was die Studentinnengruppe um Frau Nikolaizig auf die Beine gestellt hat, hat bei mir ausgelöst, dass ich noch weitergehen werde: Es gab in Hessen einmal die „Kulturelle Praxis„. Da ging es darum, dass Schüler/-innen und Lehrer/-innen dazu animiert werden sollten, Musik zu machen, Theater zu spielen, Videoclips zu produzieren oder kreativ zu schreiben. Es ging dabei – wohlgemerkt – nicht um Musik- oder Kunstunterricht oder das Oberstufenfach „Darstellendes Spiel“. Nicht um Noten oder Lehrpläne. Alle sollten produktiv werden. Adressaten der Lehrerfortbildung in Kultureller Praxis waren gerade nicht die Kunst-, Musik- und Theaterlehrkräfte, sondern die anderen.
Kulturelle Praxis heißt im 21. Jahrhundert vor allem auch digitale Praxis: Fotos bearbeiten, Videoclips und Podcasts produzieren. Die Ideen kommen aus guten, alten, gedruckten Medien: Gedichte, Dramen, Kurzgeschichten. Oder man entdeckt am Schluss, dass das Lesen eines Buches seinen besonderen Reiz nie verlieren wird.
Die moderne Schulbibliothek ist das Lernlabor und die Medienwerkstatt der Zukunft. Zu ihr gehören immer auch Bücherregale.
Ich hatte das große Glück, in einer Beiruter Schulbibliothek den Videoclip einer Oberstufenklasse über Freundschaft und Liebe zu sehen: Eine ästhetisch überzeugende Collage von Fotos, Gedichtzeilen und Rezitationen. (Der Text wurde mir im Telegrammstil zugeflüstert.) Caroline Ghoustine, die Beiruter Schulbibliothekarin, präsentierte auf dem Leipziger Schulbibliotheksstand ihre neueste Produktion, die Bearbeitung des Gilgamesch-Epos mit einer Klasse.
Zum oben erwähnten missglückten Pressetext