Mit der Forderung nach Schulbibliotheken rennt man offene Türen ein. Oder?

Zwar konnte ich gerade eine überraschend positive Jahresbilanz für die LAG zusammenstellen, gleichwohl sind mir die Schattenseiten der Lobbyarbeit für Schulbibliotheken nicht unbekannt.

Ich komme dabei auf vier Aspekte:

1.     Für Lehrer, Schulaufsicht, Schulverwaltung und Bildungspolitik ist Schulbibliothek (SB) kein genuin schulisches Thema. Noch nicht einmal dann, wenn es um Lesen, Leseförderung oder Literatur, schon gar nicht, wenn es um IT und Medienpädagogik geht. Zu tief sitzt die Gewohnheit, dass Schulbibliothek nicht in schulpraktischen und schulrechtlichen Kategorien vorkommt und deswegen bei „Bibliothek“ sofort „Stadtbibliothek“ assoziiert wird. Allenfalls gibt es die Erwartung, dass eine SB von irgendjemandem organisiert wird, Schule und besonders Schulleitung aber nicht weiter behelligt werden.

2.     Kommunikation und Vernetzung ist unter der Bedingung von Ehrenamt, Freiwilligkeit und Beschäftigungsprogrammen schwierig. Eine Lehrerin, die sich zusätzlich zu ihrem Dienst in der Schulbibliothek engagiert, wird sich eher fragen, was die LAG für sie tun kann, als was sie für die LAG tun kann. Kraft, Zeit und Motivation reichen selten, um sich über die eigene SB hinaus für alle SBen einzusetzen. Eltern engagieren sich vorübergehend, solange sie ein Kind an der Schule haben. (Ich sehe mit Freude die völlig andere Situation in der Berliner AGSBB, wo es anscheinend gelingt, z. B. Beiträge für die Homepage aus den Schulen zu erhalten und viele in der AG aktiv mitarbeiten. Allerdings sind die Lehrer/-innen eher in der Minderheit.) Mein Vorbild bleibt die US-amerikanische LibraryMedia-Mailing-List, die ich in frühen Jahren abonniert hatte, vor deren Fülle an Anfragen, gegenseitigen Auskünften und unterschiedlichsten Debatten ich aber bald kapitulierte. Sie hatte einige tausend Teilnehmer/-innen.

 .      Bibliothekare und ihre Verbände achten darauf, dass ihnen keiner das Thema „wegnimmt“. Wenn sich Lehrer damit befassen, werden sie misstrauisch beäugt. Die bibliothekarischen PR-Kampagnen wechseln: Schulbibliotheken werden als Konkurrenz gesehen, Schulbibliotheken werden für überflüssig erklärt, weil es öffentliche Bibliotheken gibt. Schulbibliotheken werden als Teil der Stadtbibliothek definiert und nicht als Teil der Schule. Dann wieder werden sie in Ganztagsschulen für unverzichtbar erklärt. Exzellente Vernetzung mit Firmen und Ministerien (ekz, Bertelsmann-Stiftung, Bundeswissenschaftsministerium) sorgt für entsprechende Aufmerksamkeit und Projekte. Bildungspolitik und Bildungsverwaltung haben genügend andere schulische Baustellen, so dass sie das Thema liebend gerne dem Deutschen Bibliotheksverband überlassen.

 4.   Erfolgreiche Pressearbeit ist für einen kleinen Verband mit einem Nischenthema schwierig. Bei Google-News kommen Schulbibliotheken zwar häufig vor, aber nur als lokales Ereignis. Sie werden in der lokalen Presse gern erwähnt. Wer hat schon etwas dagegen, wenn Kinder lesen. Und hübsche Fotos gibt es allemal. Schwieriger wird es, auf Landes- oder gar Bundesebene in den Medien auf fehlende Strukturen und Probleme aufmerksam zu machen. Das gelang uns in 26 Jahren nur zwei- oder dreimal. Von Pressemitteilungen, die an 50 Redaktionen versandt werden, landen 49 im Papierkorb. Es gelingt fast nur, wenn man persönliche Kontakte hat. (Wie eigentlich immer im Leben.)

Um nicht missverstanden zu werden: Was wir trotz dieser Bedingungen erreicht haben, ist nicht wenig.

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